Im Interview: Helmut Schwögler – ein Koch, der gern kulinarisch experimentiert

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Helmut Schwögler

Jahrgang 1974, verheiratet, 2 Kinder.

Stationen seines beruflichen Weges waren unter anderem das Historische Eck in Regensburg, Schloss Höfingen bei Franz Feckl, Restaurant d' Rescht bei Frank Oehler, Restaurant Drei Stuben bei Stefan Marquard sowie im Restaurant Zum Alten Rentamt bei Gewürzpapst Ingo Holland. Er ist jetzt Inhaber und Küchenchef der „Schwögler - Restaurant + Catering“ GmbH in Bad Abbach.

Was ist für Sie Genuss im Allgemeinen und kulinarischer Genuss im Besonderen?

Allgemein gehört für mich dazu, die Werte des Lebens einschätzen und wertschätzen zu können. Kulinarischer Genuss ist für mich, Speisen zu erleben, die mich begeistern, faszinieren und so nachhaltige geschmackliche Erlebnisse schaffen.

Wie beschreiben Sie Ihre kulinarische "Philosophie"?

Wir machen nichts anderes als die anderen, nur anders...

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihres Restaurants in einem Satz?

Von Basic zu Spacig über Mama Afrika. Wer genau wissen will, was ich darunter verstehe, muss in unser Restaurant kommen.

Sie schreiben auf Ihrer Website, dass Sie Cucina Casalinga mit traditioneller bayrischer Küche verbinden. Das müssen Sie mir etwas genauer erklären.

Das ist italienische Küche, die mit einfachen Mitteln und ohne Schnickschnack kulinarische Erlebnisse zaubert. So einfach – so genial  & so faul wie möglich.

Anders gefragt: Was ist Ihr Anspruch beim Kochen hinsichtlich Zutaten, Verarbeitung und Präsentation?

Kochen beginnt bei mir beim Einkaufen. Ich lasse bei der Wahl meiner Lebensmittel Spontaneität walten und meiner kulinarischen Intention freien Lauf. Das setzt sich auch beim Kochen und der Präsentation fort. Nichts ist genau geplant. Dann kommen die besten Einfälle.


Welche Klientel erreichen Sie mit Ihrer in Bayern durchaus nicht ganz üblichen Küche?

Mein Haus soll ein Restaurant für jedermann sein, der gut essen möchte. Aber auch eines für die Familie und die Kinder. Kein Restaurant für bestimmt Anlässe sondern für jeden Anlass

Mit einem Augenzwinkern gefragt: Wie kommt man auf die Schnapsidee, im tiefen Bayern einen Hauch von asiatischer Küche auf den Tisch zu bringen? Rümpft da der "gemeine Bayer" nicht mit der Nase?

Falsch: Afrikanische Küche ist gemeint und angesagt. Die besticht durch Aromenvielfalt und damit kann man recht gut experimentieren. Dagegen ist doch nichts einzuwenden, oder.

Wenn sich ein Gast eine Art Überraschungsmenü mit ausgeprägt regionalen Akzenten wünschen würde, was würde Ihnen da spontan für ein 4-Gang-Menü einfallen?

Oho, da will ich mal meine Fantasie unter Beweis stellen: Anfangs würde ich eine Dreifaltigkeit von der Urkarotte auf den Tisch bringen, bestehend aus Creme Brulèe, Eis mit Bergamotte und Presssack. Im nächsten Gang gibt es Maronensuppe mit Karamalzmilchschaum. Dem folgt Reh in zwei Variationen und als Dessert eine Kreation, die ich als "Was weiß ich nicht alles vom Apfel" bezeichne.

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisekarte?

Auch, wenn Sie lachen, ich entwickle hauptsächlich nach eigenem Gusto. Ich koche das, worauf ich sozusagen Bock habe. Aber keine Angst, ein gewisses System ist schon dabei. Die Gäste müssen es ja auch annehmen.


Unterliegen Sie Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auf, wenn es um Ihre kulinarische Kreativität geht? Soll auch heißen, entwickeln Sie Gerichte über den Preis oder über die kulinarische Komposition an sich?

Wenn ich etwas möchte, mache ich das. Alles andere ist eine Mischkalkulation. Man muss natürlich auch aufpassen, dass man sich dabei nicht vergaloppiert.

Hand auf's Herz: Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Ich bin ein absoluter Gegner von Geschmackverstärkern. Das erklärt wohl alles. Und wir bereiten zu 98 Prozent alles selbst zu.

Woher beziehen Sie Produkte wie Gemüse und Fleisch?

Das Gemüse teils aus einer befreundeten Gärtnerei und aus der Region. Mit Fleisch werde ich vorwiegend von regionalen Produzenten und Händler versorgt.

Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Das war also die suggestive Frage. Aber im Ernst: Die Zusammenarbeit ist mir sehr wichtig und hat sich im Laufe der Zeit stetig weiterentwickelt.

Wo liegt für Sie der sogenannte goldene Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmetküche? Oder anders gefragt: Ist Gourmetküche überhaupt noch ein zeitgemäßer Begriff?

Es wird immer schwerer werden, klassische Gourmetküche anzubieten. Den Mittelweg sehe ich in einer Art ländlich-bodenständigen Gourmetküche zu überschaubaren Preisen.

Ordnen Sie Ihre Küche auch unter dem Begriff Gourmet ein, wenn man davon ausgehen kann, dass ein toll kreiertes regionales Gericht durchaus Gourmetcharakter haben kann?

Was ist Gourmetküche? Luxusessen? Auch gut gemachtes "einfaches" Essen kann durchaus Gourmetqualität haben. Das ist auch einen Frage der Einstellung.

Hinterfragt: Ist Gourmetküche für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau?

Viele Spitzenköche sind schon Künstler, was die geschmackliche Verarbeitung und Präsentation betrifft. Ob das Preisniveau immer gerechtfertigt ist, darüber will ich nicht richten.

Woraus schöpfen Sie im Übrigen die Inspirationen für Ihre Gerichte und Menüs mit den eher geradlinig-schlichten Bezeichnungen?

Wir erarbeiten unsere Karte stets im Küchenteam. Jeder kann sich einbringen. Nur Vorgaben vom Chef bringen da nichts. Es muss alles gemeinsam wachsen, so kommen die besten Ideen und die besten Gerichte heraus.

Was halten Sie von kulinarischen Auszeichnungen allgemein?

Einige der Restaurantführer werden zurecht infrage gestellt und man darf guten Gewissens an der Objektivität zweifeln. Aus meiner Sicht verlieren manche Führer immer mehr an Bedeutung. Eine gewisse Transparenz muss im Sinne von Glaubwürdigkeit schon gewährleistet sein.

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Stichwort Michelin & Co: Ist ein Stern für Sie ein Ziel? Oder hinterfragt: Können Sie nachvollziehen, warum aktuell einige Köche freiwillig auf den Stern verzichten?

Da muss ich zwiespältig "Jein" sagen. Ein Bib Gourmand ist auch eine adäquate Wertschätzung mit der wir sehr sehr gut identifizieren können.

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Dazu zähle ich vor allem meinen Schwager Stefan Marquard, aber auch den ersten Regensburger Sternekoch Rüdiger Forst, der heute in Riedenburg kocht. Und nicht zuletzt auch Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens im Seehotel Überfahrt am Tegernsee.

Was halten Sie von Kochsendungen aller Couleur? Gibt’s da auch Dinge, die die Welt nicht braucht?

The Taste beispielsweise ist, sorry, Bullshit. "Lanz kocht" war mal gut. Das meiste, was aber heute auf dem Bildschirm flimmert, ist zum Fremdschämen.

Wie viel Entertainer muss heute in einem Koch stecken, ohne in Klamauk zu verfallen?

Entertainer ist im Zusammenhang mit Koch ein wenig negativ belegt. Gastgeber wäre der bessere Ausdruck. Man muss aber schon auch auf den Gast zugehen und ihn beraten können. Er muss spüren, dass man hier nicht einfach sein Tagwerk abspult, sondern aus Berufung heraus mit Leidenschaft agiert.

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Ich hätte gern einmal in der Aubergine unter Eckart Witzigmann gearbeitet

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Es muss ein Aha-Effekt vorhanden sein, wenn man ein Restaurant betritt. Vom Ambiente lege ich mich da eher nicht fest. Und neben einem guten Essen muss vor allem auch der Service überzeugen.

Was essen Sie selbst am liebsten, und was kochen Sie am liebsten?

Eindeutig Hausmannskost: Rinderroulade, gefüllter Gockel und guter Kartoffelsalat. Und auch die Beilagen sind wichtig. Deshalb koche ich auch sehr gern als Entremetier.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Ich bin begeisterter Rennradfahrer und lege bis zu 8.000 Kilometer im Jahr zurück. Da geht eine Tour schon mal von Bayern über den Fichtelberg bis zum Kap Arkona und zurück. Und ich mache auch sehr gern Urlaub in Weingebieten. Denn wo es Wein gibt, wird auch gut gegessen. Kein Wunder also, dass ich auch meinen eigenen Wein mit einem befreundeten Weingut in Südtirol produziere.  

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