David Görne, in Hamburg geboren, verheiratet.
Freunde und die Lust am Kochen und Bewirten haben ihn dazu bewogen, statt Jurist oder Mediziner zu werden, seiner Passion nachzugehen und den Beruf des Kochs zu erlernen. Nach einem Praktikum Colombi Hotel in Freiburg im Breisgau bei Alfred Klink begann er eine Kochlehre bei Thomas Martin im „Louis C. Jacob“** in Hamburg und kochte später im „Alten Meierhof“** in Glücksburg bei Dirk Luther und in Paris bei Drei-Sterne-Koch Alain Ducasse.
Seine Familie übernahm 2009 das „Manoir de Rétival“ in der Normandie. Dort fing Görne im Wohn-Esszimmer seiner Eltern an, im kleinen Rahmen Gäste zu bewirten. Damit war er so erfolgreich, dass er das Herrenhaus an der Seine 2011 übernahm, das Restaurant ausbaute und Gäste-Appartements einrichtete. Bereits 2016 wurde seine Küche mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Schon 2020 kam für sein nachhaltiges Restaurant-Konzept ein grüner Stern hinzu.
Im Rahmen seiner wiederholten Teilnahme am Schleswig-Holstein Gourmet Festival beantwortete er, sozusagen zwischen Küche und kurzer Pause, einige Fragen zu seiner beruflichen Entwicklung und seinen kochenden Intentionen. Die Bewertung im Rahmen des MGQ bezieht sich nur auf die Menüfolge, nicht auf das gastgebende Haus an sich.
Was hat letztlich den Ausschlag gegeben, dass Sie Koch und nicht Jurist oder Mediziner geworden sind?
Das ist recht einfach mit „Freude“ erklärt. Es bereitet mir unendlich viel Freude, wenn ich Freunde und Gäste bekochen kann, die auf diesem Weg Genuss erfahren …
Seit Ihrem Einstieg in die Gastronomie in Freiburg haben Sie bei und mit Granden der Kochzunft gekocht. Wer hat Sie diesbezüglich besonders geprägt?
Das sind vor allem Dirk Luther in Glücksburg und Thomas Martin in Hamburg, die mich sozusagen auf meine spätere kulinarische Fährte gebracht haben.
Welchen Kochstil haben Sie zu Beginn Ihrer beruflichen Laufbahn bevorzugt? Gab es seinerzeit schon eine Affinität zur französischen Küche?
Das hat eben etwas mit der gerade angesprochenen „Fährte“ zu tun. Die beiden Lehrmeister haben mich hinsichtlich der klassischen französischen Küche geprägt. Das hat aber auch etwas mit der Familie zu tun, die mich bereits als Kind sehr frankophil geprägt hat.
Waren Sie sich bewusst, was Sie erwartete, wenn Sie sich in Frankeich als Küchenchef etablieren wollen? Wie viel Mut gehörte dazu?
Mut ist eigentlich nicht der richtige Begriff. Ich habe gehofft, dass die Franzosen mich als Koch akzeptieren und mein kulinarisches Angebot schätzen lernen. Ich sage es mal so: Wir haben Glück gehabt …
Welche Prämissen setzen Sie bei der Auswahl von Produkten für Ihre Menüs? Sind es vorwiegend regionale, oder auch exotische Produkte, die Sie kombinieren?
In dieser Beziehung setze ich keine wirklichen Prämissen. Die Produkte müssen geschmacklich-kombinatorisch passen.
Sie gelten als „Produktveredler“. Wie weit geht Ihr Anspruch an „Veredelung“ und bis zu welchem Punkt setzen Sie vor allem auf kreative Natürlichkeit?
Ganz eindeutig: Das Produkt darf niemals sein Gesicht, und damit auch seinen originären Geschmack, verlieren. Insofern ist Veredlung auch eine Frage der Balance.
Klassische französische Küche und moderne Küche: Wie lösen Sie diesen vermeintlichen Widerspruch in Ihrer Küchenpraxis auf?
Da gibt es eigentlich nicht viel aufzulösen. Denn einen wirklichen Widerspruch kann ich nicht erkennen. Ich ordne meine Küche aber immer mehr dem Leitsatz „Back to basics“ ein. Das heißt auch, dass ich auf dem Teller lieber etwas entferne als etwas hinzufüge. Auch das ist mein Verständnis von klassisch …
Anders gefragt, definieren Sie sich evtl. auch über den Begriff „Kulinarische Avantgarde“? Gibt es für Sie so etwas wie ein kulinarisches Motto?
Avantgarde? Das ist wohl zu hoch gegriffen. Ich habe meinen Stil, den man unter das Motto „Konzentration auf das Wesentliche“ stellen kann. Man muss also immer das Produkt an sich spüren und schmecken.
Wie wichtig sind Ihnen die „grünen“ Aspekte Ihrer Arbeit? Verzichten Sie evtl. auch auf „abgehobene“ Produkte wie Foie gras oder exotische Zutaten?
Ganz wichtig ist mir der eigene Gemüsegarten. Da weiß ich genau, was ich verarbeite. Und Foie gras ist bei mir nicht gestopft. Ich beziehe sie von einem Bio-Bauern aus der Umgebung. Das wissen auch unsere Gäste zu schätzen.
Kombinieren Sie in Ihren aktuellen Menüs auch französische und deutsche Aspekte? Soll auch heißen: Wie weit schauen Sie über den französischen Tellerrand?
Ich setze das ein, was meinen Qualitätsansprüchen genügt. Dazu zählen die bereits genannte Foie gras ebenso wie Räucheraal von der Ostsee und durchaus exotische Produkte. Zum Schluss muss eine perfekte geschmackliche Kombination herauskommen.
Wie definieren Sie heute Ihren Kochstil? Inwieweit hat er sich seit 2009 verändert? Kochen Sie evtl. mehr intuitiv „Freistil à la Görne“, oder …?
Sagen wir es mal so: Der Mut zum Einfachen ist größer geworden. Ich koche einfach mein/unser Ding. Ja, das ist schon eine Art Freistil.
Welche Bedeutung messen Sie kulinarischen Meriten in Restaurant-Guides aller Couleur bei? Oder, provokatorisch: Kochen Sie für den Guide oder den Gast?
Das Wichtigste: Der Gast muss unser Restaurant glücklich verlassen und sich auf das nächste Ma(h)l freuen. Und ja, die Bewertung im Guide Michelin ist für mich schon kochender Anreiz. Ich sehe das auch als Wertschätzung und Empfehlung für die Gäste.
Abschließend: Was isst David Görne am liebsten außerhalb (s)eines Restaurants?
Das kommt auf die Jahreszeit und auch auf die Lust auf ein bestimmtes Produkt an. Das ist dann oft sehr einfach und deftig. Im Herbst beispielsweise Rosenkohl mit gekochten Kartoffeln und Spiegelei. Auch das ist eine sehr eigene Machart von Gourmet-Genuss …
Das Görne-Menü im Ringhotel Friederikenhof:
Amuse: Gebackene Auster mit Kaviar | Basilikum-Sorbet mit geräuchertem Lachs
Terrine und Eis von Leber und Aal
Herbstgemüsesalat: "Salade de légumes de l´automne de notre potager"
Sorbet au Champagne Lanson Rosé
Joues de bœuf in Rotwein geschmort | Steinpilze | Knoblauch | geflammte Artischocke
Camembert | Trüffel
Apfeltarte | Vanilleeis | Petit Fours mit Valrhona Schokolade
Mein geschmackliches Fazit: David Görne hält, was er verspricht. Er kocht mit dem Mut zum Einfachen und der Gabe zur geschmacklich-kombinatorischen Raffinesse. Im Detail filigran angerichtet, präsentieren sich die einzelnen Gänge wie ein aus dem Handgelenk gezaubertes kulinarisches Gemälde. Dabei reizt Görne auch vielfältigste Möglichkeiten vermeintlicher genusstechnischer Widersprüche aus, indem er sie wie bei der Kombi von Leber und Aal in köstlich-korrespondierenden Wohlgeschmack auflöst. Ein Meisterwerk vegetarischer Kreation zaubert er mit seinem Herbstgemüsesalat auf dem Tisch und vereint über 20 Gemüsesorten zu einer fulminanten geschmacklichen Kombination von Produkten und Aromen. Und das bei weitgehender individueller Zubereitung der einzelnen Gemüse. Seine Experimentierfreudigkeit reicht bis hin zu leicht geräucherter Roter Bete.
Das Menü zeichnete sich vor allem auch durch eine wohltuende Balance von Süße und Säure aus. Wobei, das muss ich einschränkend bemerken, man sich ziemlich schnell auf dieses geschmackliche „Wechselbad“ einstellen und es auch gedanklich verarbeiten muss. Insofern ist für mich auch der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Gängen von Bedeutung, um die durchaus gewollten „Schwingungen“ in der Menüfolge zu verinnerlichen. Für mich beeindruckend auch eine Art Zwischengang außerhalb des offiziellen kulinarischen Protokolls die Kombination von Kobe Beef mit Kaviar, Himbeeren und einer köstlichen Jus. Warum Görne in dieser Kreation den Fleischanteil so markant ausgeweitet hat, muss ich ihn gelegentlich noch einmal auf virtuellem Weg fragen.
Mein spezieller Höhepunkt des Abends war die optisch einfache, aber genial in Szene gesetzte Kombination von Camembert und Trüffel. Das, verbunden mit einem frischen französischen Baguette und gutem Rotwein, wäre für mich auch eine abendfüllende Mahlzeit. So aber bildete das vorzügliche Dessert die finale Krönung des genussvollen Abends, der vom Team Görne und der engagierten Mannschaft des gastgebenden Hauses um Küchenchef Felix Lestrat grandios gestaltet und durch ein wunderbares Service-Team des Friederikenhofs zum Erlebnis gemacht wurde. In diesem Sinne: Merci und Danke an alle Macher des Abends.
Der MGQ ist der Quotient aus der Summe der Einzelbewertungen in Bezug auf Angebot / Geschmack / Präsentation / Preis-Leistung / Service / Ambiente / Konzept
Kategorie: Restaurants - Oktober 2022