Mit neun Sterneköchen steht der Nordosten im Vergleich der neuen Bundesländer unangefochten an der Spitze und nimmt auch bundesweit einen sehr guten Platz im ersten Drittel der Rangliste ein. Ein Beweis der kulinarischen Kreativität zwischen Elbe und Peene, Rügen und Müritz war einmal mehr die glanzvolle Gala zum Großen Gourmet Preis 2015, der im Grand Hotel Heiligendamm durchgeführt wurde.
Um es vorwegzunehmen: Ronny Siewert, Küchenchef im Gourmet-Restaurant "Friedrich Franz" des gastgebenden Hauses, behauptete auch in diesem Jahr seine Spitzenposition. Als Aufsteiger des Jahres wurde Pierre Nippkow vom Restaurant "Ostseelounge" im Strandhotel Fischland Dierhagen geehrt. Ihm gelang ein sensationeller Sprung von sechs Plätzen in der Rangliste des Landes, die sich aus der Bewertung renommierter Gastroführer wie Guide Michelin und Gault Millau ergibt.
Ein Wett- oder Preiskochen vor einer Jury ist es also nicht, was die Koch-Granden der Länder beim jeweiligen Großen Gourmet Preis stets auf's Neue vereint. Andreas Dietz von der Rostocker Agentur "desas" als Veranstalter bringt es auf den Punkt: "Die Galas sind ein fulminantes Stelldichein der besten Köche, die den Gästen des Abends immer wieder ihre kulinarische Kreativität verdeutlichen und Augen- und Gaumenschmaus vom Feinsten bieten."
Als prominenten Gastkoch konnte Dietz den 2-Sterne-Koch Christian Lohse vom Restaurant "Fischers Fritz" im Berliner Luxushotel "The Regent" begrüßen, der einen gebackenen Atlantik-Langostino mit Berliner Remoulade servierte. Den Reigen der Köche vervollständigten Steffen Duckhorn von Kurhaus Restaurant Heiligendamm mit seinen perfekt zubereiteten Amuse Bouches, die zum exzellenten Bollinger Champagner gereicht wurden, Daniel Schmidthaler aus Fürstenhagen, Tom Wickboldt aus dem Seebad Heringsdorf und Ralf Haug aus Binz auf Rügen.
Unter den Gästen war auch Tillmann Hahn, einer der besten Köche des Landes, der sich jedoch jetzt einem anderen gastronomischen Konzept in Kühlungsborn zugewandt und sozusagen "Ländlichfein" kocht. Sein Kommentar: "Ich bin ja nun schon eine ganze Zeit aus der Szene heraus und weiß gar nicht genau, was kulinarisch aktuell hip ist. Deshalb lasse ich mich von den einzelnen Gängen überraschen und bin gespannt, was die Kollegen auf den Teller zaubern."
Ob die Menüfolge wirklich den aktuellen geschmacklichen Zeitgeist widerspiegelte, mag jeder für sich entscheiden. Sicher ist, jeder Gang war ein Erlebnis für sich und von erstaunlicher geschmacklicher Kompositionsgabe geprägt.
Dazu bedarf es aber auch des Verständnisses des Gastes und seiner Bereitschaft, sich auch auf gewagte Kombinationen von Zutaten und Aromen einzulassen. Genießen war schließlich die Devise. Bloßes Essen geht anders.
Ganz in diesem Sinne fand beispielsweise der Kohlrabi-Eintopf von Daniel Schmidthaler mit Rhabarber und Gärtnerschnitt großen Zuspruch. "Mutig und geschmacklich etwas provozierend, aber von einem genialen Zusammenspiel der einzelnen Komponenten geprägt", das war die allgemeine Meinung an den festlich gedeckten Tischen. Gleiches galt auch für die Jakobsmuschel, die Tom Wickboldt unter anderem raffiniert mit Mango, Karotten-Ingwerpüree, Koriander und Zitrone (mein Favorit) in Szene setzte.
Außerdem ein echter Hingucker und extravaganter Gaumenschmaus der Lachs mit einem Kartoffel-Gurkensalat von Rügens bestem Koch sowie das köstliche Dessert, das Pierre Nippkow als grandioses Finale der Gala servieren ließ. Nicht zu vergessen natürlich der Hauptgang von Ronny Siewert, ein auf den Punkt gegartes Beef Filet und Shortrib mit Topinambur und roten Zwiebeln. Da fiel die Qual der Wahl eines Lieblingsganges echt schwer.
Mein kulinarisches Fazit des Abends: Die einzelnen Gänge waren von exzellenter Meisterschaft der Köche und ihrer Team geprägt. Trotzdem, gelang der geschmackliche Übergang im Detail nicht immer. Man musste sozusagen öfters seine kulinarischen Gefühle wechseln. Es wäre also einer Überlegung wert, bei aller Gestaltungsfreiheit die einzelnen Gänge noch mehr abzustimmen, damit sich ein geschmacklich stimmiges Ganzes ergibt.
Nicht schlecht wäre auch, sich einmal über die korrespondierenden Weine zu verständigen. Mutig wäre in diesem Zusammenhang, sich einmal konzertiert aus der reichen Weinkiste der neuen Bundesländer zu bedienen. Die Sächsische Weinstraße und Saale-Unstrut haben eine Menge edler Tropfen zu bieten, die trefflich den Gängen gepasst hätten. Christian Lohse hat es mit einem Weißburgunder vom renommierten Weingut Schloss Proschwitz vorgemacht. Nachahmung und Ergänzung wärmstens empfohlen.
Günter Markstein, einer der Gewinner der desas-Freikarten im Rahmen der SVZ-Leseraktion "Leichte Sommerküche" fasst seine Eindrücke so zusammen: "Ich bin mit großen Erwartungen nach Heiligendamm gekommen, die nicht enttäuscht, sondern weit übertroffen wurden. Mich freut besonders dieser weltoffene Blick über den kulinarischen Tellerrand. Das ist beste Werbung für die Spitzenküche im Nordosten."
Marion Hentschel und Katrin Zeisler, die über den Nordkurier zur Gala eingeladen waren, waren sich in diesem Sinne einig, dass vor allem der von Ronny Siewert servierte Hauptgang erste Wahl war. Gelobt wurde aber auch Daniel Schmidthaler dessen Gang "von einem genialen Zusammenspiel der einzelnen Komponenten geprägt war", so Katrin Zeisler.
Hoteliere Marion Hentschel brachte auch ihren Koch-Azubi Max Walleck mit, der demnächst auf einer AIDA kochen wird. Der junge Mann war wie seine Chefin begeistert von dem Gang von Ralf Haug und vom köstlichen Dessert, das Pierre Nippkow wundervoll in Szene setzte.
Gefallen hat auch die Organisation des Abends insgesamt sowie die lockere und pointierte Moderation von Andreas Dietz, der aus der Küche launig und informativ von Ecco Weber sekundiert wurde. Richtig gut auch die Damen und Herren von "Rest of best" aus Weimar, die einen stimmungsvollen A-capella-Gesang und ein Feuerwerk musikalischer Hits zum Besten gaben, nach denen sich es sich auch gar trefflich tanzen ließ.
Und zu guter Letzt noch eine erfreuliche Nachricht für die Koch-Branche im Land: Aus den Händen von DEHOGA-Präsident Guido Zöllick nahm Köchin Elke Nüstedt den Preis als Beste Auszubildende (Rang 2 in Deutschland) entgegen. Die aus dem gastgebenden Haus stammende Köchin arbeitet nun in Hamburg bei 2-Sternekoch Karlheinz Hauser, versprach aber ernsthaft, wieder in den Nordosten zurückzukehren.
Dieser Beitrag wurde weitestgehend ohne persönliche Wertung
und im Auftrag für die veranstaltende Agentur geschrieben.