Aufmerksam geworden bin ich auf Georg Bauch über Facebook. Er hat sich, wie der Sachse sagen würde, „eenen Kopp“ über seinen Berufsstand gemacht und Umdenken angeregt. Dazu muss man wissen, dass der Mann ein leibhaftiger Koch ist, der eigentlich nach dem Fachabitur Politikwissenschaft studieren wollte. Er hat aber im Taschenbergpalais seiner Heimatstadt gelernt, später als Küchenchef im Spreewald, im Dresdner Lingnerschloss sowie als Saucier und Rotisseur, das ist der Bratenkoch, in der Hamburger Bullerei von Tim Mälzer gearbeitet.
Und seit 2011 ist der stattliche Mittdreißiger selbstständiger Koch an allen Herden, die man ihm zur Verfügung stellt, wie er mir lachend verrät. Damit hat er wohl nicht untertrieben. Denn sein Lebenslauf ist von kulinarisch-kreativer Umtriebigkeit geprägt. Er entwickelt, berät und betreut in Sachen Kochen und gutem Essen, kann auf eine respektable Referenzliste kochender Projekte verweisen. Das Gute an dem Bauch, dessen Name zu reizvollen Wortspielen verleitet, ist aber, dass er seit Mitte dieses Jahres wieder am eigenen Herd steht.
Seine „Hafenmeisterei“ liegt direkt an der Elbe und bietet unter der Marienbrücke hindurch einen tollen Blick auf die Dresdner Altstadt. Genau genommen könnte ich ihn von der Elbe in Boizenburg auf dem Wasserweg erreichen. Keine Zeit, also rein ins Auto und ab in den Dresdner Hafen oder das, was man in Sachsen Hafen nennt. Dort habe ich nach knapp vier Stunden angelegt und war überrascht. Gleichermaßen vom gediegen modernem Ambiente und vom kulinarischen Angebot.
Bauch kokettiert mit seinem Namen und sagt mit dem Brustton tiefster Überzeugung: „Ich koche nicht (nur) mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch.“ Seine Küche beschreibt er nicht weniger selbstbewusst als kulinarische Liaison aus französischer Perfektion, italienischer Leidenschaft und regionalen Produkten (je nach Saison anteilmäßig bis zu 80 Prozent), die er zu einem Gericht aus Tradition und Innovation entwickelt.
Na ja, alles schön und gut. Wer angibt, hat eben mehr vom Leben. Dachte ich und wollte nun Taten sehen, damit auch meinem Bauch Genuss widerfährt. Die Karte ist klein, aber fein. Sein Angebot sind geschmacklich-kompositorische Leckerbissen: Er kreiert „wilde Königsberger“ ebenso wie Jägerburger, Kalbsbäckchen oder Lachsforelle. Aber eben nicht Karo einfach, sondern mit dem gewissen kombinatorischen Etwas.
Exzellent zubereitet sein Tatar vom Saibling oder die Hafensülze mit Kartoffel-Zwiebelküchlein. Habe von beidem probiert. Mein Bauch aber war der schlanken Linie wegen den Kürbis-Gnocchi mit Zitronenseitlingen, Kressepesto und Bauernkäse erlegen, die ich heute im Rezept vorstelle. Mein Fazit: In diesem Hafen kann man guten Gewissens anlegen, um sich dem Genuss zu verschreiben.
Diese Kolumne erschien samt einem Rezept für Kürbis-Gnocchi mit Zitronenseitlingen, Kressepesto und Bauernkäse
am 9. November 2016 in der Sächsischen Zeitung und der Freien Presse.