Geschmackssache: Appetit auf Pferd

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Wohl kein Fleisch erregt die Gemüter so sehr wie Pferdefleisch. Viele Leute lehnen den Verzehr von Rossfleisch vor allem aus ethischen Gründen ab. Ihr Argument: Das Pferd als Begleiter und Helfer des Menschen gehört nicht auf die Speisenkarte. Ich habe an dem Fleisch trotzdem Gefallen und Geschmack gefunden und Mitte der 1970er Jahre oft beim Pferdeschlachter am Dresdner Postplatz gekauft und dann variantenreich zubereitet. Dieser Appetit ist bis heute geblieben, zumal ich weiß, dass das Fleisch völlig unbedenklich zum Verzehr geeignet ist. Denn im sogenannten Pferdepass wird akribisch genau festgehalten, ob ein Gaul zur Schlachtung freigegeben ist, oder nicht. Medikamentenbelastete Tiere bleiben da in jedem Fall außen vor.


Das Fleisch ist ähnlich dem Wildfleisch kurzfaserig, sehr schmackhaft und geschmacklich keineswegs "streng", wie oft kolportiert wird. Das kann ich nur bestätigen. Wenn ich Pferderouladen, oder -goulasch zubereite, dann ist das ein kräftiger Geschmack mit einer vorzüglichen Soße. Dass Pferd in der deutschen Gastronomie eher ein Schattendasein fristet, hat wohl vor allem mit den Befindlichkeiten der Kontra-Pferdefleisch-Fraktion der Verbraucher zu tun.

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In rheinischen Gefilden aber wird dieses Fleisch in einer erstaunlich großen Anzahl von Restaurationen angeboten. Dort ist der Rheinische Sauerbraten aus Pferdefleisch eine Spezialität. In Sachsen soll es einige Gaststätten mit entsprechenden Angeboten in Chemnitz, Görlitz, Großschönau und Hohnstein geben. Das werde ich einmal vor Ort prüfen und verkosten.  Köche wissen außerdem, dass Pferdefleisch von seinen elektrolytischen Werten einwandfrei und für Braten und Kurzgebratenes ebenso gut geeignet ist wie zum rohen Verzehr mit Zitrone und Meersalz.


Mein Fazit: Auch in Sachen Pferdefleisch sollte jeder nach seiner Facon glücklich werden. Und sich vielleicht auch mal von dem überzeugen, was man kritisiert. Leider sind solche Angebote in der Gastronomie rar oder teilweise nicht empfehlenswert. Bleiben also nur der Gang zum speziellen Schlachter und der Selbstversuch am heimischen Herd.

Bei der Füllung von Rouladen halte ich mich übrigens immer mehr an die Praxis, die dazugehörigen Zutaten wie Speck, Gurken und Zwiebeln zu einem groben Püree zu dünsten und die Rouladen damit zu bestreichen. So kann man auch besser mit Kräutern wie Bohnenkraut und Liebstöckel oder mit Füllungen beispielsweise aus Pilzen, Preisel- und Vogelbeeren variieren. Die Liste der Zubereitungsmöglichkeiten ist groß. Und schließlich geht ja bekanntlich probieren über studieren. Gewickelt werden „meine“ Rouladen aber stets klassisch mit Faden.


Warum ich allerdings keine Pferdebockwurst esse, kann ich mir nicht erklären. Hat wohl doch etwas mit Kopfkino zu tun.

Diese Kolumne erschien samt einem Rezept für eine Roulade mit pikanter Füllung
am 27. Oktober 2016 in der Sächsischen Zeitung und der Freien Presse.

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