Vor 26 Jahren hatte ich das erste Mal Interview-Kontakt mit Leif Tennemann, der seinerzeit NDR 1 Radio MV-Moderator war und final einen seiner berühmten Sprüche abgeben sollte. Für eine markige Antwort hat er für seine Verhältnisse ziemlich lange gebraucht, dann aber pflichtbewusst parliert: „So ist das bei Normalverbraucher Otto, oft ändert sich das Lebensmotto …“ Daran musste ich kürzlich schmunzelnd denken, als ich ihn beim NDR-Funkhausfest nach längerer Zeit wiedergetroffen habe. Und er hat ja Recht: Kulinarisch gesehen hat sich auch mein Motto gewandelt. Auf meinen Teller kommen immer mehr Produkte und Zutaten, die unter dem Begriff „vegetarisch“ durchgehen. Fleisch dagegen nimmt zunehmend die Rolle als (wichtige) Beilage ein.
Aber diesmal pfeife ich darauf: Der Herbst steht auf der Leiter. Da kann es auch schon einmal heftig-deftig zugehen. Lassen Sie uns zusammen ein pikantes Gulasch kochen. Das an sich ist ja nicht sonderlich schwer. Aber es kommt, wie meist bei mir, auf die weiteren Zutaten an. Kompliziert und aufwendig wird es trotzdem nicht. Versprochen.
Für einen reichlichen Pott Gulasch schneiden Sie zunächst vier Zwiebeln, gut 100 Gramm Sellerie und zwei Rübli (also weiße Karotten, oder vergleichbares Gemüse wie Rettich) in feine Würfel. Erst mit den Zwiebeln rein in den Topf, mit Öl gut anrösten, dann das Gemüse hinterher und immer schön rühre, rühre … Dazu kommen noch ein gutes Stück geriebener Ingwer und zwei, drei Zehen fein gehackter Knoblauch sowie als geschmacklicher Clou zwei Esslöffel Pflaumenmus.
Und nun hat das mundgerecht gewürfelte Fleisch seinen Auftritt. Ich verwende dafür meist halb und halb, also je knapp ein Pfund, Rind und Schwein, das ich jedoch vorher in einer Pfanne getrennt kräftig anbrate. Alles gut vermischen, zehn Minuten köcheln lassen, mit einem knappen halben Liter trockenem Rotwein ablöschen (verkosten nicht vergessen, ob er keinen „Stich“ hat) und mit etwa der gleichen Menge Gemüsebrühe sowie dem Abrieb und dem Saft einer Orange vermischen. Mit Majoran, Salz und Pfeffer abgeschmeckt kann der Fleischtopf nun gut zwei Stunden vor sich hin köcheln. Final lasse ich unter Zugabe von Mondamin Mehlschwitze noch einmal kurz aufkochen und schmecke mit meinen Chiliflocken (muss nicht sein) sowie Zucker, Salz und Pfeffer ab. Mit dem Gulasch angerichtet werden halbierte Pflaumen, die ich ganz kurz (!) in Butter geschwenkt habe. Das ergibt eine sehr pikante Note.
Dazu bevorzuge ich über Wasserdampf erhitzte Böhmische Knödel, die es in recht guter Qualität zu kaufen gibt. Und wie immer biete ich in meiner virtuellen Rezeptothek weitere Gulasch-Variationen an. Als Beilage gibt’s Rosenkohl. Aber auch diesbezüglich können Sie ganz nach Geschmack kombinieren. Ich habe da auch noch einen geilen Rote-Bete-Salat in petto. Nachzulesen: Sie wissen schon … Pointe à la Tennemann gefällig: „Bei James Bond heißt es geschüttelt und nicht gerührt. Bei mir wird gewürfelt, gewürzt und kulinarisch verführt.“ Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat September zeigt ein Savarin vom Saibling mit Zucchini, Gurke und Stachelbeere von *Volker Fuhrwerk, Küchenchef im Restaurant 1797 auf Gut Panker bei Lütjenburg.
Diese Kolumne erschien am 29.9.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.