Geschmackssache: Max is(s)t bettelarm…

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Max' Kulinarische Kolumne - Alemannischer Bettelmann

Das neue Jahr soll man in jeder Beziehung mit Demut beginnen. Kulinarisch gesehen kommt mir diesbezüglich das sogenannte Arme-Leute-Essen in den Sinn. Die armen Leute gab’s früher, und die gibt’s (leider) auch heute. Ihr Essen zeichnet sich durch einfache Zutaten aus, die vor allem von der Verwertung von Resten geprägt sind. Legendär sind für mich die Zudel- oder Sauerampfersuppen meiner Großmutter. Die kennen Sie aber schon als treue Leser dieser Kolumne. Die Arme-Leute-Klassiker sind diverse Suppen aus Mehl und/oder Brot, Restepfannen mit Kartoffeln oder Dinge wie Armer Ritter oder Strammer Max.


Aber ich will weder für einen mehr oder weniger bekannten, aber sicher nicht armen Landespolitiker noch für mich werben. Außerdem ist die Arme-Max-Variante nicht so völlerisch wie heute, sondern bestand nur aus Brot, Ei, Emmentaler und Gewürzen. Muss ich aber auch mal probieren. Mein Rezept heute soll ein „Bettelmann“ sein, für den sich Ritter ja auch manchmal halten und das auf die Alemannen zurückgeht, die jedoch Armut nicht für sich gepachtet haben.

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Für sechs Personen reibt man 500 Gramm trockenes Schwarzbrot und befeuchtet es mit je einem Viertelliter Wasser und weißem Landwein. Diese Masse wird in eine gefettete Auflaufform gegeben und mit zwei Kilo dünnen Apfelscheiben und 100 Gramm Rosinen belegt. Alles mit einer Prise Nelkenpulver und Zimt sowie drei Esslöffeln Zucker bestreuen und bei etwa 180 Grad eine Dreiviertelstunde backen. Das kostet, wenn man nicht zu viel Wein verkostet, keine Mark (Euro, versteht sich) pro Person. Max mag es aber eher deftig. Ich wäre ein  Bettelmann, der trotz Äpfeln mit Speck, Blutwurst, Kräutern, Zwiebeln und Knoblauch kombinieren, dafür die Rosinen, Gewürze und den Zucker weglassen, würde. Dazu ein „Sunnewirbelesalat“ als alemannisch-sprachliches Pendant für Feldsalat. Köstlich. Kulinarisches Quodlibet sozusagen.


Ganz Arme, damit sind Vegetarier und anders Essende gemeint, können sich auch ein falsches Schnitzel gönnen, wenn sie auch noch das billige Schwein aus dem Supermarkt sparen wollen. Dazu mischt man für vier Personen ebenso viele Eier mit Salz und Pfeffer mit so viel Paniermehl, das man natürlich selbst gerieben hat, bis ein dicker Teig entsteht. Der wird noch schnitzelartig modelliert und in Öl goldgelb gebraten. Einbildung ist eben auch eine Bildung. Und man kann die Kids vorsichtig, mit Mayo oder Ketchup verunziert, an feste Nahrung heranführen. Scherz beiseite: Dieses Pseudo-Schnitzel ist ein sparsamer Gag, der zu einem frischen Salat ganz ordentlich munden kann.


Und wenn ich mal ein so richtig geizig-geiles Arme-Leute-Essen genießen möchte, fahre ich mit dem Auto zum Hauptbahnhof nach Leipzig, kaufe mir dort „Wurschtsuppe“ im Schlauch (Preis: ein Euro) und zwei plus x Scheiben Wellfleisch. Die wird zu Hause mit reichlich Knoblauch, Majoran und dem Fleisch veredelt und mit einer Handvoll Spirelli gekocht. Die Fahrtkosten inklusive Feinstaubbelastung durch Diesel fallen in diesem Fall unter den Begriff „Mischkalkulation“. Soll heißen, man muss also so viel bevorraten, bis der Zentner unter einer Mark kostet. Oder eben das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden.

Diese Kolumne erschien am 2. Januar 2019 in der Schweriner Volkszeitung.

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