Geschmackssache: Max is(s)t 68er…

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Max' Kulinarische Kolumne - Onsen-Ei mit Sellerieschaum und Sot-l’y-aisse

Traditionen gefallen mir. Umso besser, wenn sie kulinarisch angehaucht sind. So weiß ich beispielsweise, dass es in Mecklenburg vielerorts üblich war, dass die Jugend nach dem Dorfbums noch in einem Haus Einzug hielt, um dort massenweise Spiegeleier zu braten und den Tanzabend Revue passieren zu lassen. Insofern hat es mich kürzlich gefreut, von einer weiteren Eier-Tradition zu erfahren. Die gibt es nämlich seit 1961 im Lenzer Krug am Plauer See und wird Eierfahrt genannt.


Soll heißen: Wer in einem Jahr als Erster unter Segeln den Plauer See von Plau bis Lenz überquert, erhält eine Stiege Eier und ein Lübzer Pils. Das hat mittlerweile dazu geführt, dass bereits am 1. Januar Segler beim Wirt im Krug anklopfen und ihr ersegeltes Neujahrsfrühstück einfordern. In welcher Form die Eier dann konsumiert werden, mag dahingestellt sein. Spiegel- und Rührei ist jedenfalls nicht so mein Ding. Denn Max ist ein 68er. Irrtum, wenn  Sie jetzt an die Ereignisse eben dieses Jahres denken.

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Ich habe nämlich Gefallen an einem Ei gefunden, dass bei etwa 68 Grad bis zu einer Stunde gekocht, besser: gegart, wird. Und nun glaube noch einer, dass das Ding dann hart ist. Die sogenannten Onsen-Eier sind danach köstlich weich und von exzellentem Geschmack. Diese Art der Eierzubereitung geht auf die alten Japaner zurück. Aber das soll nicht das heutige Thema sein.


Ein perfektes Onsen-Ei wird es jedoch nur, wenn man die Temperatur des Wasserbades möglichst konstant zwischen 66 und 68 Grad hält. Dann kommt es aus dem Wasser, wird vorsichtig abgepellt und ist ein tolles Weichei, das man mit einem pochierten Ei nicht oder schwer vergleichen kann. Die Temperatur hält man mit einem Thermometer oder einem Sous Vide-Stick. Dazu bedarf es einiger Übung. Die Mühe aber lohnt sich.


Das Ei kann weiterverarbeitet, beispielsweise mit Pankomehl paniert und etwa eine Minute gebacken werden. Damit daraus eine richtige Mahlzeit wird, kann man ganz nach Geschmack variieren. Ich empfehle ein Kombination mit Sellerieschaum und saftigem Sot-l’y-aisse. Letzteres sind die sogenannten Pfaffenschnittchen vom Geflügel, die man aus dem Rückenfleisch der Hühner auslösen und braten kann. Das ist sozusagen die bissfeste Beilage für das Ei, das damit wieder zum Huhn findet.


Der Sellerieschaum geht einfach: Schälen, in Stücke schneiden, in Salzwasser garen, sehr fein pürieren und mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken und mit dem Schneebesen und Sahne aufschlagen. Wer es perfektionieren möchte, kann noch einen Haselnuss-Crunch fabrizieren. Einfach gehackte Haselnüsse rösten, abkühlen lassen, mit Dinkelmehl, Butter und Parmesan zu Streuseln vermischen und bei 180 Grad zehn Minuten backen. Das ist eine köstliche Mahlzeit mit Suchtfaktor.


In Szene kann man das „Ei der Eier“ natürlich mit vielen Zutaten. Dazu gehören Spinat und Trüffel ebenso wie Pürees  aller Art, beispielsweise Topinambur in Kombination mit Frühlingszwiebeln, Fenchel, Ingwer, Artischocken oder Schwarzwurzeln. Auch Erbspüree oder Risotto ergänzen das Ei köstlich. Meine Empfehlung: Experimentieren Sie mit Fantasie. Der Geschmack wird Sie belohnen. Wenn nicht, geht das Spiel von vorn los…

Diese Kolumne erschien am 17. Januar 2018 in der Schweriner Volkszeitung.

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