Meine kulinarischen Vorlieben bringe ich meist auf diese Formel: Einfache Produkte, deftig-würzig zubereitet und kombinatorisch raffiniert in Szene gesetzt. Soll heißen, ich lasse beispielsweise eine Kombination aus Kartoffel, Gemüse und gebratener Blutwurst nicht auf dem Teller liegen, die zudem noch mit einer Jakobsmuschel „garniert“ ist. Und gelegentlich oute ich mich auch als Suppenkaspar.
Diese wärmende Beziehung habe ich wohl meiner Großmutter Martha Lucas zu verdanken. Wenn die mich in meiner Kindheit mit einem Blechbottich auf die Wollewiese am Alten Zeller Rathaus in Aue schickte, sammelte ich stets mit Begeisterung Sauerampfer, der mit wenigen Zutaten und Gewürzen zu einer vorzüglichen Suppe verarbeitet wurde. Daran musste ich denken, als ich kürzlich das Erzgebirge besucht habe und wie fast immer im „Forstmeister“ In Schönheide eingekehrt bin.
In dem gastlichen Haus am Wald schwingt Cornelia Göpel das Küchenzepter. Sie gilt als vorzügliche „Kräuterhexe“ und versteht es gar trefflich, erzgebirgische und vogtländische Küche mit neuen Nuancen zu kombinieren.
Was sie recht bescheiden als gutbürgerliche Küche bezeichnet, hat überraschende, ans Mediterrane angelehnte geschmackliche Noten. Ein Volltreffer ist für mich beispielsweise ihr Wildschweinschnitzel in Brennnesselsamenkruste mit Kohlrübengemüse, Kartoffelgratin und Birne mit Vogelbeermarmelade. Mehr Erzgebirge geht eigentlich gar nicht.
Zum Thema Suppen fragte sie mich übrigens: „Kennst du Zudelsupp…?“ Holla, die Waldfee, wer als Erzgebirger die Suppe nicht kennt, hat die Zeit verpennt. Oder so ähnlich… Zudelsupp gehörte jedenfalls auch bei uns zu den Mahlzeiten, wenn es einmal ganz schnell gehen musste. Nicht schlecht staunte die Forstmeister-Köchin jedoch, als ich ihr von einem Buchprojekt erzählte, das ich rezensiert habe.
Darin werden von der libanesischen Food-Journalistin Barbara Abdeni Massaad 80 Suppen aus aller Welt vorgestellt. Das an sich ist nicht ungewöhnlich. Aber die engagierte Frau hat Mitstreiter gefunden, die es ermöglichen, den Verkaufserlös zu 100 Prozent an den gemeinnützigen Verein „Schams e.V.“ weiterzuleiten.
Der hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Not und das Leid von syrischen Kindern und Jugendlichen unmittelbar vor Ort lindern zu helfen. Zu diesem Projekt haben bekannte Köchinnen und Köche wie Jaqueline Amirfallah und Sarah Wiener, Ralf Zacherl, Christian Rach und Meta Hiltebrand beigetragen.
Das am 21. März im DuMont Buchverlag erscheinende Buch „Suppen für Syrien“ soll, wie mir die Autorin sagte, eine Botschaft sein, „dass man die Welt auch im Kleinen ändern, Toleranz üben und Hoffnung geben kann.“ Und Suppen, das weiß auch Cornelia Göpel, sind in jeder Hinsicht ein unübertrefflicher Seelentröster.
Ich lege Ihnen in diesem Sinne das Buch ans Herz, damit es erwärmt wird und Trost spendet. Und das Grundrezept für die „Zudelsupp“ soll Sie ermuntern, kreativ an der Suppe Ihres Geschmacks zu „basteln“.
Diese Kolumne erschien samt einem Rezept für Zudelsuppe
am 16. März 2017 in der Sächsischen Zeitung und der Freien Presse.