25 Jahre MV – 25 Köpfe: Für Überzeugungen streiten – Bärbel Nehring-Kleedehn

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Warum eine Finanzministerin über Wahlperioden hinaus denken muss

OLDENBURG    Die unmittelbare Wendezeit hat Bärbel Nehring-Kleedehn in Greifswald erlebt, wo sie seinerzeit mit ihrer Familie wohnte. Sie erinnert sich noch genau: "Den Herbst 1989 mit den Montagsdemos erlebte ich jedes Mal mit dem bangen Gefühl, wie die DDR-Machthaber wohl reagieren würden.  Wir alle hatten es satt, täglich den Widerspruch zwischen schöngefärbten Politiparolen und der Lebenswirklichkeit zu sehen, nicht sagen zu können, was man denkt und nicht reisen zu können, wohin man wollte. Es sollte einfach nur besser werden, ohne dass alle gleich an die Wiedervereinigung dachten." Dazu wollte die 1952 in Schwerin geborene CDU-Politikerin ihren Beitrag leisten und kandidierte erfolgreich zu den ersten freien Kommunalwahlen im Mai 1990. Aus der Bürgerschaft heraus wurde sie zur Finanzsenatorin von Greifswald gewählt.

Ihre politische Zeit in der Hansestadt sollte aber nicht lange währen. Eine Woche vor der konstituierenden Sitzung des 1. Landtages M-V sprachen sie Günter Krause, der damalige Parlamentarische Staatssekretär beim Ministerpräsidenten der DDR und spätere Bundesminister, sowie  der spätere Ministerpräsident Alfred Gomolka auf einer Landeskonferenz der CDU in Rostock an:  "Du musst Finanzministerin werden…!"  Zunächst habe sie aus Ehrfurcht vor diesem hohen  Amt spontan abgelehnt, dann aber nach einer Bedenkzeit von wenigen Tagen zugestimmt und kam noch unter ihrem damaligen Namen Kleedehn ins Kabinett Gomolka.

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Fortan galt sie als entscheidungsfreudige Ministerin. Ihr Amtsverständnis definiert sie so: "Ich habe stets eine Politik verfolgt, die auf die nachhaltig positive Entwicklung des Landes und verbesserte Lebensverhältnisse für die Menschen gerichtet war.  Gerade als Finanzminister ist man in besonderem Maße verpflichtet, über Wahlperioden hinaus zu denken." Mit daraus notwendigen Entscheidungen, so Nehring-Kleedehn, "eckt" man natürlich auch schnell an. Doch es lohnt sich, fügt sie schnell an, für seine Überzeugungen mit besseren Argumenten zu streiten.  


Zu dem Vorwurf, sie hätte sich in der Werftenkrise 1996  mit Ihrer Zustimmung zur Ein-Drittel-Finanzierung durch das Land von Bundesfinanzminister Waigel über den Tisch ziehen lassen und zudem noch ohne Mandat des Landtags gehandelt, stellt sie   klar: "Der westdeutsche Werftenverbund „ Bremer Vulkan“ hatte die seinerzeit erhaltenen Fördergelder des Bundes für die Ostwerften zweckentfremdet eingesetzt und so das Land mit seinen Werftstandorten massiv betrogen.  Zur Rettung der betroffen Werften musste die Landesregierung daher unverzüglich mit dem Bund erneut über hohe zusätzliche Finanzhilfen verhandeln." Im Auftrag von Ministerpräsident Dr. Seite und ausdrücklich vorbehaltlich der Zustimmung von Kabinett und Landtag habe sie mit Waigel dann "ein sehr gutes Ergebnis für das Land erzielen" können. Zur Wahrheit gehöre ebenso, ergänzt sie, dass es IG Metall und Landes-SPD waren,  die seinerzeit lautstark sogar eine komplette Privatisierung aller ostdeutschen Werften nur an den "Bremer Vulkan" gefordert hatten. Dies konnte die CDU/FDP-geführte Landesregierung richtigerweise verhindern.   


Wie oft von der Opposition kritisiert, sieht sie ihre Ministerzeit keineswegs als Ära von Pleiten-Pech und Pannen. Die 1996 ins „Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt“ gewechselte Ministerin schmunzelt:  "Ach wissen Sie, es kommt nicht auf das parteipolitisch getriebene Gezeter der politischen Wettbewerber an, sondern auf das, was man für sein Land letztlich erreichen konnte. Und diese Bewertung sollten wir getrost anderen überlassen, vornehmlich den Menschen im Land bis hin zu Historikern."


Nach ihrem Ausscheiden als Ministerin 1998 war Bärbel Nehring-Kleedehn bis 2002 Präsidentin des DRK in M-V. In diesem Ehrenamt hat sie sich in erster Linie für die Stärkung des ehrenamtlichen gesellschaftlichen Engagements und für eine stärkere mediale Wahrnehmung des DRK eingesetzt. 2002 schied sie nach 12 Jahren in der Politik auch aus dem Landtag aus und zog mit ihrem Ehemann nach Berlin. Sie entwickelte ihr fachliches und politisches Netzwerk weiter und ist bis heute als Partner von NC-Nehring Consulting beratend im Bereich Politik, Steuern, Finanzen sowie Anleger-und Verbraucherschutz tätig.


Heute leben sie und ihr Mann in der Nähe eines der Kinder und Enkel  im niedersächsischen Oldenburg. Bärbel Nehring-Kleedehn: "Seither nehme ich ein wichtiges Aufsichtsratsmandat in Berlin wahr. Dennoch haben wir glücklicherweise wieder mehr Zeit für die Familie, für Haus und Garten, Freunde und Reisen sowie für Hobbys, wozu auch der Besuch der hiesigen Universität gehört.  Für all dies bin ich sehr dankbar."

Dieser Beitrag erschien am 30. Juni 2015 in der Schweriner Volkszeitung.

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