25 Jahre MV – 25 Köpfe: Der Erfolg braucht das Team – Rosemarie Wilcken

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Die ehemalige Wismarer Bürgermeisterin träumt von der entwickelten Bürgergesellschaft

WISMAR   Ein bekannter Gassenhauer besingt den Weltuntergang, der angeblich am 30. Mai eintreten soll. An eben diesen Tag im Jahr 1990 wurde Dr. Rosemarie Wilcken zur ersten weiblichen Bürgermeisterin der Hansestadt Wismar gewählt. Auf diesen Vergleich angesprochen, muss sie schmunzeln: "Na ja, ein klein wenig Weltuntergang war in dieser bewegten Zeit oft schon dabei. Doch die Stimmung an sich war eine ganz andere. Aufbruch war angesagt."


Aber immer schön der Reihe nach: Was hat eine Kinderärztin dazu bewogen, einen geachteten Beruf aufzugeben und ins Wismarer Rathaus umzuziehen? Ihr Antwort ist einfach. "Politik hat mich schon immer interessiert. Hätte ich im Westen gelebt, wäre ich sicher eine 68erin gewesen", gibt sie zu. In der Wendezeit wurde die SPD gegründet, die vor allem wegen ihrer Programmatik zu ihrer politischen Heimat wurde.


Obwohl sie aus einem christlich geprägten Elternhaus stammte, wäre sie aber nie auf die Idee gekommen, der CDU beizutreten. "Das war nicht mein Ding", meint Wilcken. Und sie fügt hinzu: "Außerdem kannte man ja auch viele der  handelnden CDU-Politiker aus Zeiten der DDR. Stichwort: Blockflöten." Als Parteilose politisch aktiv zu werden, kam für sie ebenfalls nicht in Frage. "Das passt nicht zu mir. Man muss sich auch bekennen und ein klare Linie vertreten", erklärt sie mit Überzeugung.

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Obwohl von den früheren Kollegen kritisch beäugt und zum Teil auch heftig kritisiert, bewarb sie sich als Bürgermeisterin. Wilcken: "Mein Mann hat gesagt, ich kann das. Und eine Reihe von politischen Weggefährten wie Rolf Eggert, späterer Justiz- und Wirtschaftsminister in der Schweriner Landesregierung, haben mich in meiner Entscheidung bestärkt. Der Ausgang der Wahl ist bekannt."


Unter Wilckens Leitung, die sich selbst als "sehr streng" einschätzt, entwickelte sich in den Folgejahren der Wirtschaftsstandort Wismar und die damit verbundene Infrastruktur in beispielhafter Weise. Das war keine Entwicklung von heute auf morgen, weiß die ehemalige Bürgermeisterin, aber von fachlicher Kontinuität geprägt. "Ich hatte richtig gute Leute in der Verwaltung, ohne die die Erfolge meiner beiden Amtszeiten gar nicht möglich gewesen wären", schätzt sie ein.


Die ersten zehn Jahre, so Wilcken nachdenklich, waren schwer. Da war noch nicht viel zu sehen, aber die Grundlagen wurden mit Weitsicht gelegt. Hinzu kamen für sie auch das Glück des Tüchtigen und die Tatsache, dass die Mehrheiten in der Bürgerschaft einfach stimmten. So konnte man später den wirtschaftlichen Hebel umlegen und sozusagen die Früchte der Aufbauarbeit ernten. "Alles in allem war es jedoch eine Gruppen- und keine Einzelleistung der Bürgermeisterin", so ihr Kommentar.


Wenn die Polit-Pensionärin heute durch ihre Heimatstadt geht, schwebt sie förmlich durch die Stadt, verrät sie schelmisch lachend: "Wismar sah optisch noch nie so gut aus. Und unfassbar, dass wir den Welterbe-Status erreicht und Bauten wie St. Georgen wieder errichtet haben." Wichtig war und ist für die Sozialdemokratin auch das bürgerschaftliche Engagement, ohne das die Hansestadt nicht auf dem heutigen Stand wäre. "Ich träume von der entwickelten Bürgergesellschaft, die das öffentliche Leben in der Stadt aus sich selbst heraus gestaltet. Vor allem die jungen Leute sind aufgefordert, sich mit Ideen einzubringen. Es müssen noch einmal eine große Vision und neue Aufbruchstimmung her", meint Wilcken nahezu kämpferisch.


Langeweile hat auch heute in ihrem Alltag keinen Platz. Nach wie vor engagiert sich Wilcken unter anderem ehrenamtlich in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Deutschen Fernsehlotterie, hat viele Sitzungen zu bewältigen und Büroarbeit zu erledigen. Das falle ihr gar nicht mehr so leicht, heute braucht sie einen Terminkalender, um nichts zu vergessen, gesteht sie. Und schließlich habe sie, erzählt Rosemarie Wilcken, noch Familie, zwei Gärten, einen Haushalt und endlich auch ein Enkelkind. Was sie sich mit ihrem Mann aber künftig fest vorgenommen hat, ist das Reisen. "Jetzt kommt die große Reisewelle", sagt sie abschließend und schreitet forschen Schritts über den Wismarer Markt.

Dieser Beitrag erschien am 5. Mai 2015 in der Schweriner Volkszeitung.

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