Geschmackssache: Der Kloß muss schwimmen

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Dass Klöße aller geschmacklichen Couleur zu den kulinarischen Rennern zwischen Adorf im Vogtland und Zittau in der Oberlausitz gehören, dürfte allgemein bekannt sein. Es gibt diesbezüglich eine große Vielfalt der verwendeten Zutaten und Zubereitungsarten. Ich stehe als gebürtiger Erzgebirger nach wie vor auf Grüne Klöße, die ich traditionell nur aus rohen, geriebenen und ausgepressten, leicht gesalzenen Kartoffeln herstelle. Die werden dann mit kochend heißem Wasser gebrüht und landen schließlich im Kochtopf zum Garen.

Aber auch die Klöße aus gekochten Kartoffeln schubse ich nicht von der Tellerkante. Die sehen zudem äußerlich sehr schön rund aus, sind mit den knackigen, gerösteten Semmelwürfeln gefüllt und haben eine leichte Muskatnote. In einem kleinen Kochheftchen meiner Mutter aus der Mitte der 1940er Jahre habe ich auch Wickelklöße entdeckt, die mit Semmelbröseln bestreut, gerollt und gegart werden. Daran musste ich bei einem Besuch im Erlichthof in Rietschen zwischen Görlitz und Weißwasser denken.

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Das ist ein malerisches Häuserensemble aus Museumsgehöft, Theaterscheune, Steinofenbäckerei, Hof- und Naturladen und anderen sehenswerten Kramläden mit viel Nützlichen für Haus und Hof.  Auf dem weitläufigen Areal wird man in die Welt der Lausitzer Heidebauern zurück versetzt. Die aus Schrotholzhäusern bestehende Siedlung wurde errichtet, um die Bauernhausarchitektur der Vorfahren zu bewahren. Eines der schönsten in Blockbauweise errichteten Gebäude ist das „Forsthaus“, das einst an anderem Ort im sorbischen Siedlungsgebiet der Oberlausitz mit dreijochigem Umgebinde und Krüppelwalmdach errichtet wurde.

Heute werden hier Gäste bewirtet. Dessen Küche bietet eine Vielzahl von Gerichten der regionalen und historisch-schlesischen Küche. Besonderen Wert legen die Wirtsleute auf frische Produkte in bester Qualität. Zu den bodenständig zubereiteten Spezialitäten des Hauses zählen beispielsweise die Schlesische Gurkensuppe, Tafelspitz mit Meerrettichsoße und  marinierter Hering nach Hausfrauen Art. Nicht zu vergessen das bekannte „Himmelreich“, eine Art Nationalgericht der Schlesier.

Eben dort habe ich Lausitzer Wickelklöße gegessen, die nicht wie die Wickelklöße meiner Mutter auch mit Kartoffeln, sondern nur mit Mehl und Semmelbröseln zubereitet werden. Das Rezept musste ich haben.  Und Wirtin Anita Szonn hat mir den Wunsch erfüllt.

Nach einem passenden Braten zu dieser Kloßvariante gefragt, hat sie mir „Schlesischen  Rollbraten“ empfohlen. Das ist eine Art Roulade aus ineinander gewickeltem Rind -und Schweinefleisch, die mit Möhre, Gewürzgurke, Speck und Senf gefüllt und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt wird. Das sei zur Nachahmung empfohlen. Aber nicht vergessen, ein Kloß muss gut in Soße schwimmen.

Diese Kolumne erschien samt einem Rezept für Lausitzer Schälklöße
am 1. Juni 2016 in der Sächsischen Zeitung und der Freien Presse.

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