Seiten-Blicke: Kulinarisch umtriebiger Heißsporn

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Geschmackvoll: Kulinarische Offenbarung

Wer meine kulinarischen Kolumnen verfolgt hat, weiß, dass ich ein bekennender Fleischfreund bin. Ein Schelm, der diese Aussage zweideutig interpretiert. Auf jeden Fall hat mir der kulinarische Zahn selten so nachhaltig getropft, wie bei der Bearbeitung des heutigen Themas. Fleisch, kombiniert mit vielfältigsten Früchten der Natur, erzeugt bereits ein kulinarisches Kopfkino, das Aromen und geschmackliche Nuancen buchstäblich wachküsst und Lust auf Genuss erzeugt. Ich gebe zu, dabei weniger auf Geflügel zu stehen. Aber ein ansprechend zubereitetes und präsentiertes Brüstchen, natürlich von Hähnchen oder Pute, schubse auch ich nicht vom Tellerrand. Ob man das Fleisch nun  über deftig, herzhaft oder leicht interpretiert, ist mir, ich sage es mal so locker: schietegal. Allein beim täglichen Blick auf unser prächtiges gedeihendes Kräuterbeet im Garten entwickeln sich gedankliche Turbulenzen in meinem Kopf und ich sinne, was man alles mit Rind, Schwein, Lamm und Co. kombinieren kann. Aber ich stimme des Kochprofis zu, dass dann der kulinarische Sommer eher von leichten Zutaten und mediterranen Akzenten geprägt sein sollte. Das passt einfach besser.

Plau am See. Wer sagt denn, dass ein Koch kein SVZ-Leser sein und deshalb kein Sommerrezept einreichen darf? Das hat sich offensichtlich auch Stefan Weber aus Plau am See gedacht und gleich zwei schmackhafte Gerichte eingereicht. Das Pikante daran, der junge Mann ist nicht nur Koch im Parkhotel Klüschenberg, er ist dort mit seinen 29 Lenzen sogar Küchendirektor. Was aber wohl kein Grund ist, ihn von der Leseraktion auszuschließen. Zumal: Was er auf den Tisch bringt, ist ein Gericht, mit dem man Gäste im eigenen Heim köstlich überraschen kann.

Gelernt hat Weber in Binz auf Rügen, bevor er sich aus einer Art Schnapslaune im renommierten Restaurant "Colón" auf Mallorca bei Küchenchef Dieter Sögner bewarb, prompt angenommen wurde und dort vorwiegend als Patissier arbeitete. Nach drei Jahren auf der Insel zog es ihn wieder in die Heimat ins Schloß Klink und 2011 heuerte er sozusagen in Plau auf dem Klüschenberg an.

Seine Vorliebe gilt aktuell der leichten vegetarischen Küche, aber auch Gerichten, die vor allem von regionalen Produkten geprägt sind und geschmacklich kreativ abgewandelt auf den Teller kommen. "Ich koche eigentlich immer sehr intuitiv und lasse noch beim Kochen meine Fantasie walten", verrät Weber, der für die Leseraktion Rezepte mit dem vielversprechendem Namen " Nacken vom Susländer-Schwein im Heumantel gegart an Mecklenburger Antipasti-Gemüse und Kartoffelpüree" und ein "Schweinefilet in Bärlauchkrume mit warmen Paprika-Rucola-Salat, Schwarzbrotcroutons und jungen Kartoffeln an Kräuterquark" eingereicht hat, die man auch im Internet abrufen kann.

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Um es dem kulinarischen Heißsporn trotz seiner Legitimation als SVZ-Leser nicht zu leicht zu machen, habe ich zu den Rezepten keinen Geringeren als Sternekoch Tom Wickboldt (Titelfoto) vom gleichnamigen Restaurant im Romantik Hotel Esplanade in Heringsdorf befragt. Das Urteil des in Rostock geborenen Spitzenkochs fällt anerkennend aus: "Das Rezept mit dem Schweinenacken ist sehr speziell und mutig-originell. Auch das Bärlauchschwein in der Kruste und die Verarbeitung von Schweinenetz finde ich sehr gut. Außerdem bleibt durch das Niedriggarverfahren das Fleisch schön saftig."

Beide Gerichte sind aber nach seinem Gusto eher herzhaft als leicht, was den geschmacklichen Genuss nicht mindert, meint Wickboldt. Vor allem den Schweinenacken könnte er sich wegen dem Heu und der verwendeten Beilagen als wunderbares Spätsommer- bzw. Herbstgericht vorstellen. Aber sogenannte "no go's" gibts ja eigentlich beim Essen nicht, denn die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, so Wickboldt. Als gelungen bezeichnet er auch die Präsentation beider Gerichte. Wer  auf diese Weise keinen Appetit bekommt, sei selbst daran schuld.

Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 9. Juni 2015.

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