Seiten-Blicke: Kochende Entertainer

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Geschmackvoll: Der Blick ins Leben

Wenn Sie einmal wissen möchten, wie Köche "ticken" und für ihren Beruf leben, dann empfehle ich Ihnen ganz bescheiden einen Blick auf mein Internet-Portal www.kulinarische-portraits.de. Dort verstehe ich mich weder als Restaurant-Tester, noch als klassischer Gastro-Kritiker. Sehr wohl aber als kritischer Gast, der seinen Lesern das beschreibt, wovon er in Sachen Kulinarik und dem damit verbundenen Umfeld steht. In kleine Geschichten verpackt können Sie dort lesen, wo es sich lohnt, Genuss zu erleben. Und die Macher der Szene werden befragt und vorgestellt. Ich meine, das ist besser als vor der Glotze zu hocken und kochenden TV-Spaßmachern zuzuschauen. Natürlich immer mit dem Vorsatz: Ein Blick ins Internet und zwei ins (kulinarische) Leben. Soll auch heißen: Die schönste Lektüre nützt nichts, wenn man den Genuss nicht auf der Zunge zergehen lässt. Denn in der Realität erlebt man einen Koch viel authentischer als über Flimmerkiste. Wenn der einen dann noch zum Mitmachen animiert und Wissen vermittelt, ist das die schmackhafteste Art von "Erwachsenenbildung" abseits quotengesteuerten Fernsehe-Kanäle. Lassen Sie sich einfach kulinarisch verführen und überraschen, was Ihnen ein leibhaftiger Koch anbietet.

Hagenow. Die Zeiten sind längst vorbei, als weiland Alfred Biolek als kulinarischer Alleinunterhalter in (s)einer Küche stand, wortreich-blumig mit einem Gast seiner Wahl parlierte und ein meist einfaches, aber durchaus raffiniertes Gericht zubereitete, dessen Qualität er stets mit seinem berühmt gewordenen "mhmmm" kommentierte. Heute sind Kochsendungen wie Pilze aus dem TV geschossen und Köche aller Couleur buhlen auf vielen Kanälen mehr oder weniger geistreich um die Gunst des Publikums. Ich habe Köche aus allen Lagern befragt, was sie vom TV-Showkochen halten und was eine gute Kochsendung ausmacht. Die Antworten sind erwartungsgemäß vielfältig und mitunter auch ziemlich gegensätzlich. Nachzulesen im Bereich "Köpfe" auf dem Portal www.kulinarische-portraits.de.
 
Alles, was ich diesbezüglich in Erfahrung gebracht habe und als Genuss-Esser selbst einbringe, ist natürlich wie immer eine Frage des Geschmacks. Nahezu unisono stimmten mir meine Gesprächspartner zu, dass eine zeitgemäße Kochsendung aus einer anregenden Mischung aus Anregung, Bildung und Unterhaltung bestehen sollte. Es gibt aber auch ablehnende Meinungen zu solchen Koch-Shows: Zu viel Klamauk, Dampfplauderei ohne Substanz, Quotenhascherei, so die Vorwürfe. Was sagt uns das: Alles, siehe oben, ist Geschmackssache. So gar nicht mein Ding sind in diesem Zusammenhang süffisante Klaukschnacker wie Gastrokritiker Heinz Horrmann und Schwergewicht Reiner Calmund, dem so ziemlich alles schmeckt, Hauptsache viel. Ganz zu schweigen davon, dass für viele Zuschauer TV-Kochen oft zum Ersatz für Kochen und Essen geworden ist.

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Wie viel interessanter sind dagegen Koch-Veranstaltungen, bei denen die Gäste selbst aktiv werden und danach das Essen genießen können. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, an einer Veranstaltung im Restaurant "Fackelgarten" in Plau teilzunehmen, die unter dem Motto "von Tisch zu Tisch" die Gäste zu kochenden Akteuren werden lässt und eine tolle Gelegenheit ist, mit seinem Tischnachbarn ins Gespräch zu kommen. Jeder der Gäste hat im Rahmen des Abends die Möglichkeit, unter Anleitung von Küchenchef Stefan Zeisler einen Gang mit zuzubereiten.

Mehr noch, man erhält dabei eine Menge Tipps rund um das Kochen und die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkung. Zeisler hat sich dabei als unaufdringlicher, kompetenter und launig-kochender Entertainer abseits allen Klamauks erwiesen. Respekt. Da können sich Zacherl, Schubeck und Co. was ablauschen.

Ganz toll auch die Auswahl der einzelnen Gänge, die Zeisler und sein Team aufwendig vorbereitet hatten. Neben einem fantasievollen Gruß aus der Küche gab es ein vorzügliches Rindercarpaccio, ein Bloody Mary Cocktail mit Flusskrebsen, hausgemachte Sepia-Ravioli mit Spinat, getrockneter und Tomate sowie allerlei Gewürzen, ein exzellent zubereitetes Filet vom Jungbullen mit Garnele und Artischocken und Möhrengemüse sowie ein fulminantes Dessert.

Fackelgarten-Chefin Claudia Rauer: "Die Mischung aus Unterhaltung, Kochen und Essen kommt sehr gut an. So wird ein Abend nicht nur sehr vergnüglich und genussreich, man nimmt auch Wissen mit nach Hause. Und unsere Abende werden auch nicht, wie es im Fernsehen üblich ist, durch Werbepausen unterbrochen." Eben diesem Vergnügen konnten sich auch die Gäste nicht entziehen. Wildfried Ruchay, der mit Ehefrau Petra aus Neubrandenburg an dem Abend teilnahm, war des Lobes voll: "Das macht viel Spaß und regt an, selbst wieder einmal kochend aktiv zu werden. Solche kulinarischen Ideen haben Zukunft. Das kann keine Koch-Show im Fernsehen ersetzen."

 Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 24. März 2015.

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