Geschmackssache: Max is(s)t gestrig…

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Max' Kulinarische Kolumne - Lammnierchen mit Gemüse

Wenn man sich im Freundes- und Bekanntenkreis oder am Stammtisch über kulinarische Kindheits- und Jugenderinnerungen unterhält, kommt man meist auf das Thema früherer Gemeinschaftsverpflegung sowie das Essen in diversen BK, wie die Bahnhofskneipen der MITROPA im Volksmund genannt wurden. Und nicht wenige rümpfen dann die Nase über angeblich ungenießbare Dinge wie Hammelgulasch, Lungenhaschee, Zunge oder Nierchen. Alles Dinge, die heute humorig auch in die Rubrik „Erichs kulinarisches Erbe“ eingeordnet werden und eher selten bis gar nicht mehr auf den Tisch kommen.

Komischerweise kann ich bei solchen Diskussionen kein geschmackliches Klagelied mit anstimmen, weil ich damit keine bösen Erfahrungen gemacht und Nierchen & Co. immer mit Begeisterung gegessen habe. Legendär waren für mich das von einer Bilderbuchköchin in der Internatsküche im thüringischen Keilhau gekochte Lungenhaschee, oder die als Emma-Koch-Gedächtnis-Gericht geltenden pikanten Nierchen meiner Tante mütterlicherseits. Und Hammel habe ich in späteren Jahren stets mit Begeisterung, reichlich Knoblauch und zur Freude meiner Familie selbst zubereitet. Grund genug, an gestrigen Geschmack zu erinnern und zu ermuntern, sich wieder an solche Gerichte heranzuwagen. Voraussetzung ist, bestätigt mir Günter Rönner, Küchenchef im Akazienhof Duisburg, die Frische der Innereien, die man vorher in Wasser oder Milch einlegen und niemals garen sollte.

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Ewig gestrig muss aber bei Geschmack nicht sein. Deshalb habe ich ein Rezept für Lammnierchen mit Gemüse ausgewählt, weil Nieren vom Lamm oder Zicklein besonders fein und zart sind. Für vier Personen spült man etwa 500 Gramm Nieren kalt ab, tupft sie trocken und halbiert sie der Länge nach. Wichtig ist, die reinweißen Teile gründlich aus der Niere herauszuschneiden. Die Nierenhälften werden in einer Pfanne mit zwei Esslöffeln Olivenöl von beiden Seiten bei mittlerer Hitze jeweils etwa zwei Minuten gebraten und dann mit dem Gemüse auf vorgewärmten Tellern serviert.

Für Letzteres werden eine rote Zwiebel, eine Knoblauchzehe, zwei Zweige Thymian und ein Zweig Oregano sowie eine getrocknete Peperoni klein gehackt. 250 Gramm Tomaten werden mit kochendem Wasser überbrüht und nach kurzem ziehen lassen kalt abgeschreckt, gehäutet und gewürfelt. Außerdem wird eine mittelgroße Aubergine in kleine Würfel geschnitten und ein paar Minuten in einem Topf mit vier Esslöffeln Olivenöl gedünstet, bevor Zwiebel, Knoblauch, Kräuter und Peperoni hinzugegeben und kurz weitergedünstet werden. Nun wandern auch die Tomaten und ein Esslöffel kleine Kapern in den Topf, alles wird mit Salz abgeschmeckt und bei schwacher Hitze etwa eine Viertelstunde geschmort. Umrühren nicht vergessen. Bei Bedarf noch etwas Waser oder Gemüsebrühe angießen. Fertig. Zu dem Gericht passt ein frisches Ciabatta ebenso wie Kartoffelstampf, der in anderen Gegenden auch -brei genannt wird. Dazu gut munden dürfte ein Glas würzig-trockenen Rotweins.

Das Rezept stammt übrigens aus einem Buch mit dem Titel „Quinto Quarto“ und dem Untertitel „Von Kopf bis Fuß, von Herz bis Niere…“ (AT Verlag). Es betrachtet das sogenannte „Fünfte Viertel“ der Verwertung eines Tieres, das eigentlich in die Tonne wandert, aber zu schmackhaften Gerichten verwertet werden kann. Ich habe die Rezension des Buches natürlich auf meinem Internet-Portal veröffentlicht. Ich verspreche Ihnen Wissenswertes, lesenswerten Genuss und tolle geschmackliche Anregungen.

 Diese Kolumne erschien am 19. Januar 2016 in der Schweriner Volkszeitung.

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