Im Interview: Andreas Rohde – ein kochender Direktor mit ehernen Prinzipien

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Andreas Rohde

Jahrgang 1959, geschieden, in einer Beziehung lebend, 2 Söhn, davon einer Küchenchef in der Schweiz.

Der gebürtige Neuruppiner lernte 1977 den Beruf des Kochs und legte später bei der DDR-Marine das Steuermannspatent an, wollte Kapitän werden. Er blieb aber schließlich im Koch-Metier hängen, wurde stellvertretender Küchenchef, später Küchenchef, Küchenmeister und Diätkoch. Nach Wende führte er zwei Hotels. Seit 1999 war er Küchenchef im Landgut Gühlen, das er seit 2001 als Direktor leitet. 2006 legte er die Prüfung als Restaurantmeister ab. Er ist außerdem seit 2004 Küchenchef in einer Reha-Klinik in Rheinsberg 1992 gründete er den Verein der Ruppiner Köche, deren Vorsitzender er seit 1994 ist. Er erhielt den Verdienstorden des Landes Brandenburg und hat seit 1996 ein Patent über eine Karpfenbratwurst inne. 2013 scheiterte er nur knapp an der Wahl zum Präsidenten des Verbands der Köche Deutschlands. Sein Credo: Alles, was mit Koch zu tun hat, ist mein Leben.

Was ist für Sie kulinarischer Genuss im Allgemeinen und im Besonderen?

Kulinarischer Genuss ist immer etwas Besonderes. Für mich hat jede Veranstaltung ihren eigenen Reiz. Man muss den Gast die Gewissheit vermitteln, dass man nur für ihn kocht und ihn damit verzaubert.


Wie beschreiben Sie Ihre kulinarische "Philosophie"?

Ich habe keine. Ich bin Koch und koche für meine Gäste, dass sie zufrieden sind und so Freude zu Genuss kommt.

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihres Hauses in einem Satz?

Wir bieten regionale Küche mit leichtem asiatischen Touch an, die beste Produkte hochwertig verarbeitet und angerichtet auf den Tisch bringt. Dabei muss das beste Produkt nicht das Teuerste sein.

Sie betreiben kein klassisches Restaurant. Wie richten Sie Ihre Küche auf die Wünsche Ihrer Gäste aus?

Wir stellen uns ganz individuell auf die Wünsche unserer Gäste ein und besprechen dann gemeinsam wie die Veranstaltung ablaufen soll.

Sie werben mit Buffets und Menüs von erlesen-elegant bis regional rustikal. Beschreiben Sie kurz, wie Sie das definieren.

Wir haben kulinarisch vor nichts Angst. Man schafft alles, wenn man es optimal vorbereitet. In diesem Sinne ist alles möglich, was den Wünschen und dem Budget der Gäste entspricht.


Stichwort regional: Wie wichtig ist Ihnen regionale Küche?

Ich bin von hier. Deshalb würde ich sogar gern noch mehr regional einkaufen und kochen. In diesem Sinne bin ich gern bei der Initiative Bauer sucht Koch in Brandenburg dabei. Selbst angeln gehen und Pilze sammeln gehört in dieses Repertoire. Das darf im Rahmen gewisser Grenzen auch seinen Preis haben.

Nachgefragt: Wie verbinden Sie regionale Küche mit raffinierten geschmacklichen Nuancen deutscher und internationaler Küche?

Ich kann mir Geschmack vorstellen und ich weiß, was ich geschmacklich will. Deshalb experimentiere ich gern und setze zusammen mit meinem Küchenchef Nico Voigtländer viele Ideen kreativ um.

Was zeichnet Ihre Küche im Vergleich zu anderen Angeboten in Ihrem kulinarischen Umfeld aus? Worin wollen Sie sich bewusst unterscheiden?

Wir bestechen durch unser kulinarisches Alleinstellungsmerkmal und durch Intimität und Ruhe. Vor allem muss man auch halten, was man verspricht und den Gästen immer wieder etwas Besonderes bieten. Wenn die Leute dann gerne wiederkommen, hat man alles richtig gemacht.

Ihre Gäste sind wohl vorwiegend Gesellschaften aller Couleur. Inwieweit können die Gäste sich Menüs zusammenstellen? Beispielsweise es ist ein Überraschungsmenü gewünscht. Was würde Ihnen da spontan einfallen?

Da wir keinen echten Restaurantbetrieb haben, kann  man alles sehr individuell absprechen. Wir nehmen uns dann im Rahmen des Budgets alle "künstlerischen" Freiheiten. Und wenn man mir die Freiheit gibt, zu überraschen, dann können Sie auch davon ausgehen, dass ich kulinarische Überraschungen parat habe.


Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre kulinarischen Angebote?

Wir kochen so, dass es uns auch selbst schmeckt. Qualität hat Vorrang, und es fließen vorrangig auch saisonale Aspekte in unsere Angebote ein. Der Preis ist zweitrangig, aber im Rahmen eines vorgegebenen Budgets nicht unwichtig. Bei uns spielt auch regionaler Fisch und Wild eine große Rolle. Da kann man sich kulinarisch so richtig dran austoben.

Wie leben Sie als Küchenchef Ihre kreative Ader als Koch aus? Legen Sie sich Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auf?

Da kann ich nur sagen: Volle Pulle. Beschränkungen gibt's da nicht. Man muss nur sehen, was im konkreten Fall umsetzbar ist. das gibt ja zu einem guten Teil auch der Gast vor. Aber grundsätzlich: Bei uns kommt nichts um. Alles wird verarbeitet. Selbst unser Brot backen wir selber.

Oder erlaubt Ihnen Ihre Klientel, weitestgehend aus dem Vollen zu schöpfen?

Es gibt ein gewisses Level, aber es muss alles zum Budget des Gastes passen. Wir nehmen meist Pauschalen und gehen auch Kompromisse ein. Aus dem Vollen schöpfen wir vor allem aus unserer Erfahrungen und unserem Können.

Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Na hören Sie mal: Gute Küche muss ohne solche Verstärker auskommen. Convenience-Produkte werden aber beispielsweise im Bankettbereich eingesetzt, was keineswegs einen Abstrich an Qualität bedeutet. Und wir stellen auch eigene Convenience-Produkte her, was dem Budget des Gastes zu Gute kommt.

Woher beziehen Sie Produkte? Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Dazu nochmals Stichwort: Bauer sucht Frau. Pardon, ...sucht Koch. Wir beziehen vieles aus der Region, seien es Kräuter, Gemüse und Fisch. Ansonsten greifen wir viel auf die Metro-Angebote zurück. Da weiß man, was man hat. Und wir produzieren auch Soßen und Chutneys selber.

Wo liegt für Sie der sogenannte goldene Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmetküche?

Ich sage es mal so: Wir haben die kulinarische Bodenhaftung nicht verloren und brauchen keinen Vergleich zu scheuen. Gast und Gastgeber haben übrigens auch verschiedene Ansichten von Gourmet. Wir haben zwar einen hohen Anspruch, bieten aber keine explizite Gourmetküche. Das ist unser Mittelweg.

Zusatz: Was ist für Sie Gourmetküche überhaupt? Was halten Sie davon allgemein?

Der Begriff ist meiner Ansicht nach nicht klar definierbar. Wo fängt Gourmet an, wo hört es auf? Man hebt damit zum Teil etwas künstliches in den Himmel, das eine Art Relikt aus alten Zeiten ist. Der Begriff Frische-Küche ist viel besser und zeitgemäßer. Mit Anspruch, versteht sich.

Hinterfragt: Ist Gourmetküche für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau?

Ein Koch ist Handwerker und Künstler zugleich. Er ist Gärtner, Maler und in 100 anderen Berufen zu Hause. Das hohe Preisniveau ist nicht gut. Alles muss bezahlbar sein. Der Begriff Gourmet spaltet auch etwas die Gesellschaft. Hohes Preisniveau ist aber nicht mit hohem Niveau an sich gleichzusetzen. Auch der "normale" Gast muss daran teilhaben können.

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Stichwort Michelin & Co: Ist ein Stern für Sie ein Ziel? Wären dafür bei Ihnen überhaupt die Bedingungen gegeben?

Ganz ehrlich? Ich habe keinen Bock drauf. Nicht umsonst satteln Sterneköche in andere Sphären um. Meine Sterne sind unser Gästebuch. Schauen Sie hinein und Sie werden sehen, was ich meine.

Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Wodurch muss er Sie überzeugen?

Man muss den Willen haben, jeden Tag mindestens 100 Prozent zu geben. Der Anlass für das Kochen ist egal, es muss immer beste Qualität geboten werden. Und die Arbeit muss Spaß machen, man muss Küche und Service dafür motivieren können und mit einem Lächeln "am Gast" sein, auch, wenn die Füße weh tun. Spitzenkoch zu sein bedeutet aber auch, sein "Hinterland" in Schuss zu haben uns sein Wissen weiterzugeben.

Ist ein Stern ein maßgebliches Kriterium für einen Spitzenkoch?

Auf keine  Fall. es gibt viele, die mit und ohne Stern sehr gut sind und sich täglich als Meister Ihres Fachs beweisen.

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Da nenne ich Namen wie Eckart Witzigmann, Paul Bocuse und Hans-Peter Wodarz. Aber auch meine ersten Küchenchef Jürgen Kerbitz oder Reinhard Wiesner, die mich sehr geprägt haben.

Gleiches gilt, ergänzt Küchenchef Nico Voigtländer,  für Thea Nothnagel und Jamie Oliver, den er für sein exzellentes, aber einfaches Kochen schätze.

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Ich möchte gern meine Kochakademie ausbauen und mit vielen Freunden kulinarisch experimentieren. Und ich träume davon, mit einem guten Freund auf einem russischen Atomeisbrecher in die Arktis zu fahren. Träume sind auch, einmal authentisch in Japan zu kochen oder einen Zander von über einem Meter zu fangen. Alles in allem bin ich aber mit dem Erreichten glücklich. Mancher müsste weit über 80 werden, um das zu erleben, was ich bereits erlebt habe. Und nicht zuletzt wünsche ich mir manchmal etwas mehr Entschleunigung.

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

So, wie bei uns. Es muss nicht immer aufwändig sein. Ehrlichkeit und Natürlichkeit zählt.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Kochen ist mein Beruf und Hobby zugleich. Ich schaue mir natürlich auch immer Dinge ab, woraus ich kulinarische Ideen entwickeln kann. Ansonsten liebe ich Skifahren, Golfen, Angeln, Oldtimer. Und meine Lebensgefährtin, versteht sich...

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