Wer noch nicht der Versuchung erlegen war, einem frischen, noch warmen Brot den Kanten zu entreißen, der hat etwas versäumt. Ich habe in meiner Kindheit oft elterliche Schelte auf mich gezogen, weil das Brot auf dem Weg vom Bäcker mächtig lädiert daheim ankam. Oder ich musste mit meinem Vater um das „Ränftl“ ringen, wie der Brotkanten im Erzgebirge genannt wird. Geblieben ist meine Vorliebe für frisches Brot, bestrichen mit Gänseschmalz, deftiger Leberwurst, oder belegt mit dem legendären Harzer Roller. Mit reichlich Kümmel, versteht sich. Den kann man übrigens selbst herstellen. Dazu vielleicht später an anderer Stelle mehr.
Zurück zum Brot. Es hat nämlich auch seine Reize, wenn man das gelegentlich selbst backt. Nicht, dass ich dem Bäcker sein Handwerk streitig machen möchte. Das macht einfach Spaß. Der „Trick“ für ein gutes Brot, erklärt mir Koch und Lebensmitteltechnologe Holger Gniffke aus Penzlin, ist Feuchtigkeit. Wasserdampf in Form von regelmäßig entwickelten Schwaden sorgt für Volumen und eine perfekte Kruste. In Profiöfen sind solche Dinge schon programmiert. Ansonsten hilft auch eine Schale mit Wasser, die man in den Ofen stellt. Grundsatz ist übrigens, die Brote stets möglichst heiß zu backen. Gesagt, getan.
Weil Max aber gern ausprobiert und kombiniert, werde ich das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden und es mit Schweinenacken im Brotmantel versuchen. Der soll, wie der Fachmann empfiehlt, nicht zu mager sein. Der nennt das hochtrabend „gekasslert“. „Wat dat nich all gift“, würde der Norddeutsche sagen. Hätte ich aber sowieso nicht gemacht.
Also, dann ran an das Brot: Für den Brotteig braucht man Sauerteig vom Bäcker, also weichen, vergorenen Roggenteig. Tütenware aus dem Supermarkt bleibt außen vor. Dazu kommt im Verhältnis 1:4 Roggenmehl 1050 sowie Wasser (etwa 60 Milliliter je 100 Gramm Mehl) und 2 Prozent Salz und Öl auf das Mehlgewicht. Alles zu einem festen Teig verarbeiten und eine Stunde bei Zimmertemperatur gehen lassen. Der Profi nennt das Ballengare, erklärt mir mein Freund Gniffke. Nun kommt das Bratenstück ins Spiel. Das wird kurz angebraten, damit nicht zu viel Fleischsaft heraustropft. Fleisch trocken reiben und mit dem Teig fest umhüllen. Dieses Gebilde eine weitere halbe Stunde gehen lassen. Das ist die Stückgare. Eben Oberlehrer, der Gniffke.
Nun gibt’s keine Gnade mehr, rein in den Ofen und bei 230 bis 260 Grad backen, bis die gewünschte Kerntemperatur des Fleisches erreicht ist. Stichwort: Bratenthermometer. Die Säure aus dem Brotteig lockert die Eiweißstruktur des Fleisches, weiß der Koch zu erklären. Für ein geschmacklich perfektes Ergebnis kann man den Teig auch mit Kräutern und Gewürzen versetzen. Das war mein Ziel. Und mit allerlei Kräuterlein aus eigenen Vorräten ist das gar trefflich gelungen. Das Ganze, doziert mein Oberlehrer abschließend, muss gustatorisch und olfaktorisch richtig reinhauen. Soll wohl heißen, Zunge und Zinken, pardon: Nase, müssen gut zu tun haben. In diesem Sinne: Gauden Appetit. Heiß servieren. Dazu passt ein Kraut- oder Kräutersalat. Und ein Glas Rotwein darf auch nicht fehlen.
Diese Kolumne erschien am 24. Januar 2017 in der Schweriner Volkszeitung.