Scherzfrage der Woche: Was haben "gemeine" Schnitzel meist gemeinsam? Humorige Antwort: Sie sind bekloppt. Aus Ehrfurcht vor dem kulinarischen Objekt aber nehme ich den unerhörten Vorwurf mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns zurück. Und behaupte das Gegenteil. So viel Gag muss sein. Aber nun Spaß beiseite. Ein gutes Schnitzel zuzubereiten, ist nämlich gar nicht so einfach, wie man sich das üblicher Weise vorstellt und was Gastronomen in dieser Hinsicht manchmal anbieten. Bleiben wir also bei dem, was gutes Essen ausmacht. Genau genommen bei der Königsklasse der Schnitzel-Variation, dem Wiener Schnitzel. Das ist nicht etwa ein von einem Wiener Metzger zerlegtes Stück Wiener Schwein, sondern zartes Kalbfleisch.
Da die Überschrift aber suggeriert, das Max raffiniert is(s)t, gebe ich mich nicht mit einem 0815-Wiener Schnitzel zufrieden. Mich hat Günter Rönner, Küchenchef im Akazienhof in Duisburg, auf den Pfad geschmacklicher Raffinesse gebracht. Denn er kombiniert die klassischen Zutaten mal ganz anders. Dazu braucht man natürlich Kalbfleisch aus der Oberschale oder der Keule. Die Schnitzel sollten möglichst groß, aber dünn herausgeschnitten sein. Ein entsprechender Hinweis beim Metzger lohnt sich also, damit es kein dickes Ding wird.
Das Fleisch wird, am besten in einer Klarsichtfolie leicht plattiert, damit die Struktur erhalten bleibt. Das kann man statt mit einem üblichen Fleischklopfer auch mit einem kleinen Topf mit Stilgriff oder einer kleinen Pfanne tun. Dann ganz nach Gusto mit Salz und Pfeffer würzen, zwei Eigelbe und zwei Esslöffel Sahne verquirlen. Mehl und Semmelbrösel, am besten frisch selbst zubereitet, je auf einem Teller verteilen. Die Schnitzel kurz in Mehl wenden, durch die Eiersahne ziehen, mit den Semmelbröseln panieren, ohne allzu fest anzudrücken, und dann sofort in die mit reichlich Butterschmalz erhitzte Pfanne und "schwimmend" bei etwa 170 Grad goldgelb ausbacken und gut soufflieren. Das bedeutet, dass die Panade leicht wellig aufgeht und nicht mehr komplett am Fleisch haftet. Dazu kann man auch ab und an das Schnitzel mit dem flüssigen Butterschmalz beschöpfen.
Als pikante Sauce eignet sich eine Mischung aus Kapern, Schalotten und Sahne. Dazu dünstet man etwa 20 Kapern und klein gewürfelte Schalotten in Butter glasig an, löscht mit dem Einlegesud der Kapern und der Sahne ab und lässt alles kurz einkochen. Dann gut mixen, passieren und mit dem Schnitzel anrichten. Als geschmackliches I-Tüpfelchen fügt man je Schnitzel ein Stück saftig kurz gebratenes Stück Sardine bei. Das hat was, kann ich versichern. Wer das Ganze zudem mit ein wenig karamellisierten Zitronenzesten (eine Art Abrieb des Gelben von der unbehandelten Zitronenschale) versieht, wird zusätzlichen geschmacklichen Kontrast und Reiz erleben.
Dazu kann man einen lauwarmen Kartoffelsalat ebenso auftischen, wie leicht gewürzten Kartoffelstampf. Im Moment empfiehlt sich außerdem die Zugabe von frisch-buntem Möhren-Lauchgemüse und/oder Kopfsalat mit einer würzigen Vinaigrette. Für die ganz raffinierten Hobbyköche hat Günter Rönner sogar eine Schnitzel-Variante ohne Panade parat. Die wird durch Brotchips ersetzt, die man aus gefrorenem Brotteig dünn auf Backpapier reibt und bei 210 Grad goldgelb backt. Das is(s)t etwas für's Auge und schmeckt nicht weniger delikat. Max aber bleibt bei der panierten Variante. Die ist raffiniert genug...
Diese Kolumne erschien am 25. August 2015 in der Schweriner Volkszeitung.