Das kennen Sie sicher auch: Besuch hat sich angesagt. Es soll aber kulinarisch gesehen nichts „Dickes“, allenfalls ein paar Häppchen und einen guten Tropfen geben. Da reicht die Palette von belegten Kanapees, die heute neudeutsch Tapas genannt werden, bis zu anspruchsvollen Kreationen, die man im Restaurant Amuse-Bouches nennt. Also Appetitshäppchen, die auch „Gruß aus der Küche“ heißen. Da kommen oft richtige Kunstwerke auf den Teller oder Löffel. Sowas gefällt Max sehr. Ich habe eine große Sammlung solcher Rezepte für alle Gelegenheiten.
Zuhause kann man diesbezüglich ebenso einfache wie raffinierte Kreativität walten lassen. Selbst die gefüllten Eier aus Vorwendezeiten können zu Ehren kommen. Die gehen ganz leicht: Eier hart kochen, schälen und halbieren. Das Eigelb herauslösen, mit weicher Butter, Mayo, Jogurt und Zitronensaft glattrühren und mit Salz, Pfeffer, einer Prise Zucker und Weinbrand (!) abschmecken. Rein in das Ei. Nun wird wieder zusammengefügt, was zusammengehört. Die Ränder mit Petersilie bestreuen. Geht auch als offene Variante.
Wenn Sie aber ein wenig angeben wollen, müssen Sie sich schon was Bonfortionöses einfallen lassen. Vielleicht inspiriert Sie dabei Markus Semmler aus Berlin. Der Spitzenkoch setzt in einem Amuse-Bouche Eisbeinsülze auf Bratkartoffel in Szene. Dazu bringt er in zwei Litern kaltem, ungesalzenem Wasser zwei geschälte Zwiebeln, acht Pfefferkörner, vier Wacholderbeeren, zwei Lorbeerblätter, vier Pimentkörner und ein Kilo Eisbein zum Kochen. Leicht köcheln lassen, gelegentlich abschäumen, bis das Fleisch weich ist. Dann das Fleisch ablösen, die Schwarte vom Fett befreien, beides fein würfeln.
Nun werden Gewürzgurken und Mixed Pickels in Würfel geschnitten, die Brühe passiert, auf einen Liter reduziert und mit dem Gewürzgurkenfond, einem Teelöffel Apfelessig und Salz kräftig abgeschmeckt. Danach werden zehn Blätter eingeweichte Gelatine im Fond aufgelöst, unter das Fleisch gehoben und alles auf ein Blech etwa fünf Zentimeter hoch gefüllt. Abkühlen lassen.
Inzwischen werden vier große Kartoffeln in knapp zwei Zentimeter dicke Scheiben geschnitten, rund ausgestochen, in Nussbutter konfiert und später ohne Fett in einer Pfanne angebraten. Nun ist es an der Zeit, ein Eigelb, je einen Esslöffel normalen und süßen Senf und Essig zu vermischen sowie langsam Öl einzurühren. Alles mit Salz und Pfeffer würzen. Für die Garnitur werden Kopfsalat und Brunnenkresse mit Haselnussöl und Zitronensaft vermischt, dann durch ein Sieb gegeben.
Jetzt beginnt das kulinarische Basteln: Auf die Bratkartoffelscheiben wird die in gleicher Größe ausgestochene Sülze gesetzt, die Senfmayonnaise aufgespritzt, mit Salat und Brunnenkresse garniert und der Saft angegossen. Das reicht locker für acht Personen, sieht cool aus und schmeckt formidabel.
Auf die Pointe kommen Sie bestimmt nicht: So ein Amuse-Bouche kann man beliebig zu einem Hauptgericht ausbauen. Einfach die einzelnen Türmchen in Reih und Glied aufbauen und dann abzählen: „Eine kleine Minimaus… Und du bist raus…“ Wenn man dazwischen den einen oder anderen Köm platziert, hat man noch den nötigen Verteiler, damit kein Völlegefühl aufkommt.
Diese Kolumne erschien am 4. April 2018 in der Schweriner Volkszeitung.