Ein Fan von sogenannten Sauf- und Fressliedern bin ich nicht. Aber es gibt kulinarisch angehauchte Songs, die zu meinem festen Repertoire gehören, wenn ich im Auto durch die Lande düse und aus voller Kehle mitsinge. Da lege ich schon öfters den Hildegard-Knef-Klassiker auf: „Ich glaub, ´ne Dame werd ich nie…“ Der geht auf ein Lied zurück, das unter dem Titel „The Lady is a Tramp“ einst von Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und Shirley Bassey gesungen wurde und eine Art Parodie auf die Etikette der High Society ist.
In dem Lied singt die Knef unter anderen: „…Hummer und Austern, die sind mir ein Graus, ich ess‘ viel lieber Buletten zuhaus…“ Kann sie ja gern machen. Ich lasse aber auch die Meeresbewohner nicht aus, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Die Austern aber bitte kauen und nicht, wie die vermeintliche High Society oft suggeriert, schlucken. Wo bitte soll sich dabei Geschmack entwickeln. Aber auch Buletten, Klopse, Frikadellen oder wie die Dinger immer heißen, gehören zu meinen kulinarischen Rennern. Diesbezüglich bin ich immer auf der Suche nach neuen Ideen.
Zum Glück gibt’s Leute wie Andreas Rummel, der in der Grill-Szene als ausgewiesener Experte gilt. Der stellte mir kürzlich einen Hack-Kartoffelspieß vor, der zu seinen neuesten Kreationen zählt. Das Rezept geht relativ einfach. Man füllt 250 Gramm Hackfleisch, zwei Esslöffel Grillgewürz und eine Messerspitze Senf in einen verschließbaren Gefrierbeutel. Ich würde übrigens auf alle Fälle noch eine gute Prise Knoblauch beifügen. Aus dem Beutel drückt man die Luft heraus und verschließt ihn. Nun heißt es kneten, kneten, kneten, bis sich die Zutaten gut vermengt haben. Dann wird die Mischung in eine der unteren Ecken gedrückt, die man schräg abschneidet und so aus dem Gefrierbeutel eine Spritztüte macht, mit deren Inhalt man Champignons, Zucchini, Zwiebeln, Salzbrezeln, Maultaschen und Gnoccis oder Wraps füllen kann.
In unserem Fall kommen aber Kartoffelwedges zum Einsatz. Man kann auch Kartoffelspalten dazu sagen. Die gibt es als TK-Fertigprodukt. Wer aber etwas auf sich hält, kann die selbst herstellen. Die Spalten werden mit Frühstücksschinken auf einen Holzspieß gefädelt. Der Bauchspeck bildet dabei die um die Kartoffeln gewickelte Außenhülle. Dann wird das Hackfleisch aus der Tüte wie ein großer Hack-Lolly auf das andere Ende des Spießes gedrückt und alles bei mehrmaligem Wenden etwa zehn Minuten gegrillt bis der Schinken geschmolzen und schön kross ist. Das geht auch in einer Grillpfanne auf dem Herd. Je nach Geschmack kann man die Fleischseite in warme Sauce tunken und mit zerdrückten Nachos, also Käsechips, bestreuen.
Meine Karo-Einfach-Buletten, die bei mir Klopse heißen, ähneln übrigens eher den Fleischpflanzerln der Bayern. Soll heißen, das sind keine Mini-Kanonenkugeln, wie sie gelegentlich auf Partybuffets kommen. Bei mir bekommen sie einen tüchtigen Klaps auf den Leib, so dass sie flachgedrückt werden und nicht vom Teller rollen. Daran musste ich kürzlich denken, als Schmusesänger Patrick Lindner im NDR-Fernsehen solche Pflanzerln zubereitete. Der Mann heißt übrigens mit bürgerlichen Namen Raab und ist gelernter Koch. Er hat die Dinger wortgewandt und mit der sinnlichen Hingabe einer Hausfrau zubereitet. Da musste ich schon schmunzeln und an das Lied der Knef denken. Bei aller Vorliebe für deftige Hackklopse: Ich bleibe lieber ein kulinarischer Vagabund und glaub, ´ne Dame werd ich nie…
Diese Kolumne erschien am 21. Juni 2016 in der Schweriner Volkszeitung.