Im Interview: Thomas Jansen – ein Küchenchef, der bestimmt kein Aufschneider ist

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Thomas Jansen

Jahrgang 1971, in einer Beziehung lebend, ein Kind.

Er lernte ab 1987 in der Churfürstlichen Waldschaenke Moritzburg. Nach der Wende ging er nach Uruguay in ein deutsches Restaurant, später in die Schweiz nach Bad Ragaz in das 5-Sterne-Haus Quellenhof. In den Jahren 1994/95 arbeitete er im Taschenbergpalais in Dresden und im renommierten Hotel "Elephant" in Weimar unter Sternekoch Marcello Fabbri. Nach weiteren Stationen im Romantik Hotel in Bad Sachsa, im Schlosshotel Pillnitz und im Gewandhaus Hotel SAS in Dresden sowie einer, wie er es einschätzt, sehr lehrreichen Zeit  in einem Dresdner Altersheim übernahm er 2010 die Leitung der Küche des Ausflugsrestaurants "Waldmax" in der Dresdner Heide.

Was ist für Sie kulinarischer Genuss im allgemeinen und im besonderen?

Da hat wohl jeder einen etwas anderen Anspruch. Für mich bedeutet das, kulinarisch etwas nicht alltägliches, besonderes zu erleben. Da mache ich auch keinen Unterschied zwischen vermeintlich einfacher und anspruchsvoller Küche. Zu mir kommen auch Kollegen, die in ganz anderen kulinarischen Kategorien kochen, aber eben auch mal Lust bodenständige Kost haben.

Wie würden Sie Ihre kulinarische "Philosophie" beschreiben? Oder anders gefragt: Was ist Ihr Anspruch beim Kochen hinsichtlich Zutaten, Verarbeitung und Präsentation?

Mein Anspruch ist es, die sogenannte klassische deutsche Küche mit frischen Rohstoffen und Produkten aus der Region umzusetzen und mit meinen eigenen geschmacklichen Nuancen zu versehen. Dabei geht es mir um die bereits genannte Bodenständigkeit der Gerichte, die unsere Gäste in diesem Haus auch erwarten.

Zusatzfrage: Und was können Sie davon in Ihrer Gaststätte umsetzen?

(schmunzelt) Das ist ganz schön spitz gefragt. Aber im Ernst, ich kann hier eben diese Philosophie umsetzen. Man vertraut auf meine Erfahrung und auf mein Gespür, was hier machbar ist und im besten Sinne des Wortes ankommt. Und ich kann auch mal etwas besonderes machen. Dazu bietet die zum Haus gehörige Fleischerei ja beste Voraussetzungen, was das Produktangebot betrifft. Es liegt  eben am Geschick, was man daraus macht.

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihrer Gaststätte in einem Satz?

Frische, bodenständige, hausgemachte Küche, die nicht nur, aber auch, vom Namen her für den Gast verständlich ist.

Ich entnehme Ihrer Speisenkarte eher den Anspruch an einfache, deftig-rustikale Küche. Verfolgen Sie damit das Prinzip der "Küche der guten alten Zeiten"? Wie immer man da auch definieren mag...

Da ist was dran. Obwohl ich den vielfach missbrauchten Slogan "Futtern wie bei Muttern" nicht sonderlich mag, setze ich auf die Erfahrungen der Mütter und Großmütter, die einst eine sehr schmackhafte Küche nahezu gezaubert haben. Das mit eigenen geschmacklichen Noten weiter zu entwickeln, ist schon ein Anspruch, den ich hier umsetzen möchte.

Bedeutet "einfache" Küche für Sie, auf handwerkliche Fähigkeiten als Koch zu verzichten? Soll auch heißen: Bringen Sie sich auch kreativ in die Zubereitung und Gestaltung der Speisen ein?

Na hören Sie mal, wer, wenn nicht ich, muss sich kreativ einbringen? Und auch und gerade für die von Ihnen sogenannte "einfache" Küche sind die handwerklichen Fähigkeiten die Grundlage für das Kochen. Und darauf kann auch Spitzenkoch nicht verzichten. In diesem Sinne hat das Handwerk besonders goldenen Boden.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre a la carte Angebote aus? Und vor allem, woher beziehen Sie Ihre Produkte?

Ich denke, da unterscheide ich mich nicht sehr von meinen Kollegen. Saisonales hat natürlich Vorrang. Und wir sind natürlich immer bemüht, unsere Zutaten über regionale Erzeuger zu beziehen. Dass man dabei auch ein Auge auf den Preis haben muss, versteht sich von selbst und liegt in der Natur der Sache.

Was schätzen Ihre Gäste besonders: Viel zum günstigen Preis, oder Qualität zum günstigen Preis. Wobei ich darin einen kleinen Unterschied sehe.

Ich sage es mal so, man erwartet bei uns ein ausgewogenes Preis-Leitungs-Verhältnis. Gut, das gilt grundsätzlich für alle gastronomischen Einrichtungen. In einer Ausflugsgaststätte natürlich erst recht. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: unsere Gäste schätzen Qualität zum günstigen Preis, erwarten aber auch ein gediegenes Maß an Quantität. Ich denke, das wir dem entsprechen, ohne auf den Anspruch gepflegter Gastlichkeit zu verzichten. Motto: Das Auge isst mit.

Ketzerisch: Wie halten Sie es mit dem Verstärken von Geschmack? Stichwort: Covenience-Produkte und Co. Warum setzen Sie solche Dinge ein, oder: Wo verzichten Sie bewusst darauf?

Man kann auch und gerade in einer solchen Gaststätte wie der unseren nicht alles selbst machen. Und es gibt eine große Anzahl an Convience-Produkten, die stehen selbst gemachten in nichts nach. Geschmacksverstärker aber haben bei der Zubereitung unserer Gerichte nichts zu suchen.

Kann man bei Ihnen auch etwas aufwändigere Menüs bestellen? Wenn jemand z.B. eine 4-Gang-Menü für zwei wünscht. Lassen Sie sich da spontan etwas einfallen, oder geht das nur auf Vorbestellung?

Natürlich geht das. Aber eben im Rahmen der aktuellen Gegebenheiten der Produkte. Und auf Bestellung machen wir alles möglich, sehen aber auch darauf, dass es dem kulinarischen Charakter unseres Hauses entspricht. Da kann man mit pfiffigen Ideen schon wahre Gaumenfreuden für Gäste entwickeln, die das Besondere suchen.

Sie bereiten in Ihrer Gaststätte "nur" bodenständige, regionale Küche zu. Was halten Sie von der Gourmet- und Sterneküche allgemein? Ist das für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau?

Wissen Sie, alles zu seiner Zeit und für den entsprechenden Anlass. Wer in der Dresdner Heide wandern oder spazieren geht, erwartet nicht unbedingt Gourmetküche. Man kann also beide Ansprüche nicht wirklich miteinander vergleichen.

Gibt's diesbezüglich auch kulinarische Zwischentöne?

Ja klar, aber man muss sich Spagat zwischen beidem auch nicht antun. Wenn mir der Sinn nach Gourmetküche steht, gibt es in Dresden andere Adressen, die dem entsprechen. Aber Sie können sich darauf verlassen, auch wir können stilvoll auftafeln und eine Gans oder einen Fasan am Tisch tranchieren. Wie gesagt, der Unterschied liegt im Anspruch und noch nicht einmal so sehr im Preis. Sterneküche weckt Emotionen und Erlebniseffekte aus, sie hat sehr wohl ihre Berechtigung.

Welche der bekannten Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens? Zusatz: Mit wem würden Sie gern einmal kochen?

Der Vater aller Köche ist für mich immer noch Paul Bocuse, der Kochkunst zelebriert und trotzdem Bodenständigkeit im Kochen beibehalten hat. Ganz unkonventionell geht es dagegen bei Tim Mälzer zu. Der hat nicht nur den Mund auf dem richtigen Fleck, der lebt sein Kochen. Mit dem mal zu kochen, wäre schon ein Erlebnis.

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Das kann ich kurz auf den Punkt bringen: stilvolle Gemütlichkeit, kein Großraumlokal, kompetenter, unaufdringlicher Service und  natürlich perfektes Essen.

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Welchen Wunsch als Koch würden Sie sich gern erfüllen?

Ganz ehrlich? Ich habe in diesem Sinne keine besonderen Wünsche mehr. Habe mir eigentlich alles erfüllt und lebe meine Wünsche in der täglichen Arbeit aus.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Erholen kann ich mich am besten bei der Gartenarbeit. Da wächst natürlich auch manches, was in der Küche Verwendung findet. Und ich bekoche auch die Familie ganz gern. Sie sehen also, einmal Koch, immer Koch...

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