Restaurant „Die Zwiwwel“: Kulinarisches Refugium am Neckar

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Restaurant "Die Zwiwwel"

Kirchenstraße 24 - 68526 Ladenburg
www.diezwiwwel.de

Den Namen Ladenburg kannte ich bisher höchstens durch eine Autobahnabfahrt an der A5, die aus dem Schwarzwald kommend ins Hessische führt. Erst Olaf Beermünder, den ich über Facebook kennengelernt habe, hat mich buchstäblich auf den Geschmack gebracht, dort einmal abzufahren. Denn der Gastronom aus dem Rhein-Neckar-Kreis hat mächtig angegeben: Wir wohnen und arbeiten in der ältesten rechtsrheinischen Stadt Deutschlands, betreiben eine kleines, aber feines Restaurant in der malerischen Altstadt und bieten bodenständige, aber sehr anspruchsvolle Küche. Auf diesen blauen Dunst habe ich mich, aus Schwaben kommend, eingelassen. So weit ist es schon gekommen, dass ich auf sowas reinfalle.


Der erste Einruck: Das mit der malerischen Altstadt stimmt. Wunderschöne Gässchen mit Fachwerkhäusern, allerorts tolle Kneipen und Restaurants. Die Straßen allerdings sehr schmal und kein wirklicher Parkplatz in Sicht. Deshalb drehe ich die erste Runde durch die Altstadt zweimal. Mein Ziel, "die Zwiwwel", habe ich aber bereits ausgemacht. Dort nach Runde zwei angekommen, versuche ich erst einmal unmittelbar an dem Restaurant zu parken, dass seinen Namen offenbar einer profanen Zwiebel entlehnt hat.

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Dort fühlte ich mich aber wie ein ertappter Gallier, der von einer römischen Gans aufgescheucht wurde. Dazu muss man wissen, dass Ladenburgs Geschichte bis in die Römerzeit zurückgeht. Und die schnatternde Gans entpuppte sich später als humorige Perserin mit einem selbst vergebenen Beinamen, der hier nicht spruchreif ist. Olaf Beermünder hat mich jedenfalls händeringend darum gebeten... Ein Mann ein Wort, ein Parkplatz war bald gefunden und die persische Gans kam tatsächlich zum Schnack auf die ebenerdige Außenterrasse und erzählte mir wort- und gestenreich ihr Berufs- und Liebesleben.


Das zum Entree: Drinnen zeigte mir der Zwiwwel-Wirt bei einem kleinen Rundgang sein Haus. Der Mann hat nicht geflunkert. Ganz dem historischen Ambiente der Altstadt hat sich Beermünder mit Lebensgefährtin Jennifer Kunz mit viel Geschmack ein gastronomisches Kleinod geschaffen, das Achtung abringt. Die Zwiwwel- und die Carl Benz-Stube strahlen eine nahezu heimelige Atmosphäre aus. Überall Holztäfelung, kleine, schöne Accessoires und stilvoll gedeckte Tische. Das lässt auf kulinarische Überraschungen hoffen.


Nach einem würzigen Bier und anregenden Außenplausch serviert mir Olaf Beermünder als Appetizer  ein würziges Foccacia mit gehackten Tomaten und Oliven, Vollkornbrot mit Sesam und Cumin sowie Baguette natur. Dazu Estragonbutter, Oliventapenate und Quark mit Paprika. Allein davon kann man(n) satt werden. Das war aber noch nicht einmal das kulinarische Vorspiel. Das begann mit einem Amuse Bouche in Form von Büffelmozarella, konfierter Tomate sowie Bärlauchschaum mit Pinienkernen.


Dem folgte ein exzellentes Tartar vom Weiderind, mit Kapern, getrenntem Eiweiß und Eigelb sowie einem dezenten Dressing mit pikanter Honig-Senf-Note. Dazu einen vorzüglichen Rosè Sekt. Das hat was und verwöhnt den Gaumen ebenso wie die Sinne. Der Hauptgang war ein fantastisches Saltimbocca vom Elsässer Saibling. Der mit hauchdünnem Schinken ummantelte und gebratene Fisch samt hausgemachter Pasta und Bärlauchpesto war echt ein Hammer. Perfekt gegart und gewürzmäßig abgestimmt.  Dazu ein Grauer Burgunder 2012 von Alexander Laible mit fruchtig-frischer, spritziger Note. Das passt wie.... nein, ich lasse diesen Kalauer aus. Ist besser so.

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Zum Dessert kredenzte mir der Gastgeber einen süffig-fruchtigen Wein von Müller-Catoir aus Haardt. Das schmeckte, obwohl ich kein "Süßhahn" bin in Verbindung mit dem Erdbeersalat mit Weinschaum und gebackenem Baisser ausgezeichnet. Der Mann weiß offenbar, was Gäste mögen. Sehr angenehm war es für mich auch, ihn bei der Beratung und Bewirtung anderer Gäste zu beobachten. Er legt dabei eine wohltuende, keineswegs aufdringliche Eloquenz an den Tag. Das kommt an. Einigen Stammgästen war die sichtliche Freude anzumerken, vom Chef persönlich bedient zu werden.


Zeit für mich, auszuruhen und mich dem Treiben vor dem Gasthaus hinzugeben. Die Perserin hatte ihr Eiscafe bereits geschlossen und winkte im Bademantel zu mir herüber. Nichts wie weg, ich musste schließlich in die Küche. Dort regiert Jennifer Kunz, die ich zuvor nur mal kurz begrüßen konnte, mit fester und doch leichter Hand. Sie hat's übrigens küchentechnisch gesehen sehr gut, kann sie doch in einer vergleichsweise riesigen Küche das Zepter schwingen. Das erleichtert natürlich ungemein. Die  Küchenchefin zeigte sich als launige junge Frau mit pfiffigen Antworten auf meine naiven Fragen. Verstanden haben wir uns jedenfalls bestens. Was dabei herausgekommen ist, kann man in meinem Interview mit ihr lesen.

Ihrer Kochkunst hatte ich ja schon ausgiebig gefrönt. Ein Blick auf die Speisekarte verrät mir aber, was ich alles verpasst habe. Will ja auch schließlich nochmal wiederkommen. Kunz setzt auf kreative geschmackliche Nuancen und ebenso regionale wie saisonale Küche. Sie bietet den obligatorischen Zwiebelrostbraten ebenso an wie Spargelstrudel an Tomatenrisotto oder ein Carreé vom Spanferkel. Das habe ich mir für das nächste Mal reservieren lassen, bin mir aber sicher, dass ich es frisch zubereitet serviert bekomme... Gefallen haben mir auch die Menüvorschläge u.a. mit Ochsenschwanzragout in Rotweinjus, Filet vom Ibericoschwein an Rosmarinjus, ein mit Ziegenkäse gefülltes Perlhuhnbrüstchen als Hauptgang. Auch Vegetarier kommen hier schmackhaft auf ihre Kosten. Ich sehe schon, die Zwiwwel hat Reserven zum oft Wiederkommen.


Fazit: Der Gastgeber sollte sich die Küchenchefin gewogen halten. Die ist eine Perle ihres Fachs und versteht es, den Gästen kulinarisch den Kopf zu verdrehen. Das hat sie wohl auch mit Olaf Beermünder getan. Und der hat ja gemeinsam mit ihr eine bestandserhaltende Maßnahme für die Zukunft getroffen. Die beiden werden wohl noch in diesem Jahr stolze Eltern. Ob dann der Chef wieder einmal mehr in der Küche steht, ist noch nicht überliefert, aber anzunehmen. Was nicht heißt, dass die Küchenchefin den Cheflöffel ab-, sondern weiter den Ton angibt. Das kenne ich irgendwie.


Nicht zu vergessen ist auch, dass man in der Zwiwwel sehr stilvoll und ungestört feiern kann. Die Räume sind zwar nicht für rauschende Feste ausgelegt, aber bestens für Feiern im kleinen, um nicht zu sagen: intimen, Kreis geeignet. Und in der sogenannten Schalotte kann man auch kleinen Tagungen bis zu 30 Personen durchführen. Gute Bewirtung und Kost immer eingeschlossen, versteht sich. Bei schönem Wetter empfehle ich aber auch wärmstens, den Außenbereich zu nutzen, zu entspannen und zu genießen. Die schöne Perserin hält sich dann auch mal dezent zurück.


Kritik? Nicht wirklich. Die Website könnte ein wenig mehr Pep vertragen. Aber richtig, das Geschäft geht vor. So richtig schön wäre, wenn das Haus auch noch ein paar Fremdenzimmer hätte. Die Substanz dafür ist vorhanden. Davon konnte ich mich überzeugen. Leider lässt sich der Vermieter noch nicht für solche Pläne erweichen. Der soll aufpassen, dass er auf diesem Holzweg nicht zwei tolle Gastgeber in ein anderes Domizil verliert. Dann bringt ihn die Zwiwwel nämlich wirklich zum weinen.

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  • 93.7%
    Max’ Geschmacks Quotient (MGQ)

Der MGQ ist der Quotient aus der Summe der Einzelbewertungen in Bezug auf 
Angebot / Geschmack / Präsentation / Preis-Leistung / Service / Ambiente / Konzept

Kategorie: Restaurants

  • Angebot 91%
  • Geschmack 93%
  • Präsentation 93%
  • Preis-Leistung 95%
  • Service 95%
  • Ambiente 95%
  • Konzept 94%

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