Im Interview: Michael Vandrey – ein Koch mit Weitblick…

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Michael Vandrey

Michael Vandrey, Jahrgang 1989, verheiratet.


Bisherige Stationen seiner beruflichen Entwicklung waren u.a. der "Scheelehof" in Stralsund, das "Le Croy" in Greifswald und das "Waldhotel Doldenhorn" in der Schweiz. Seit 2016 arbeitet er als Küchendirektor im The Grand in Ahrenshoop.

Was ist für Sie Genuss im Allgemeinen, also abseits von Essen und Trinken?

Wichtig sind mir Ruhe und die Familie, um mich zu erholen und Kraft zu tanken für den Alltag.

 

Und wie definieren Sie Genuss in kulinarischer Hinsicht?

Der tritt oft auch dann ein, wenn ich geschmacklich in meine Kindheit zurückgeführt werde. Das kann ganz einfaches Essen sein und beginnt bei einer guten Kartoffel. Genuss ist für mich eigentlich immer vermeintlich einfache Kost.

 

Wie beschreiben Sie Ihre persönliche kulinarische "Philosophie"?

Ich praktiziere einfache Küche ohne Schnörkel. Überschaubare Teller mit klar definierten Geschmacksrichtungen. Es gibt nichts Überladenes.

 

Hat Sie diese „Philosophie“ ins The Grand“ gebracht, oder hat sie sich hier herausgebildet?

 Ich kannte das Haus vorher nicht und habe sozusagen „meine“ Philosophie mitgebracht. Dank eines tollen Chefs habe ich die Möglichkeit, diese Philosophie ständig weiterzuentwickeln.

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihres Hauses in einem Satz?

Geschmacklich-kompositorisch ist es eine Mischung aus verschiedensten Einflüssen. Etwas mediterran. Etwas nordisch. Leichte französische Noten… Vor allem aber wollen wir kreative Geschmackserlebnisse ohne strenge Rezept-Vorgaben sozusagen aus dem Handgelenk zaubern.

 

Verstehen Sie sich als Koch eher als Künstler oder als Handwerker?

Der Handwerker hat den Vorrang. In Verbindung mit meinen kreativen Erfahrungen versuche ich, Verstand gepaart mit Farbspielen auf den Teller zu bringen. Was spricht also gegen die Bezeichnung kreativer Handwerker?

 

Genau in diese Richtung habe ich gedacht. Und wie wichtig ist Ihnen dabei traditionelle Küche?

Ganz wichtig. Ich wandle vieles aus der traditionellen Küche. Das macht auch die Gourmet- und Sterneküche nicht anders. Man muss die breite Palette der Kombinationsmöglichkeiten ausnutzen, dann entstehen tolle Gerichte.

Was zeichnet Ihre Küche zu vergleichbaren Angeboten im kulinarischen Umfeld aus?

In der Gastronomie wird gegenwärtig viel geerntet, wenig gesät. Soll auch heißen, wir wollen flexibel sein und auf die geschmacklichen Wünsche der Gäste reagieren. Das geht am besten mit häufiger, wenn nicht täglich wechselnder Karte. Wir bieten also schnelles Umschalten in Verbindung mit Kundenwünschen. An unserem gastronomischen Umfeld orientierren wir uns nicht...


Welchem Gäste-Klientel müssen Sie mit Ihrer Küche hauptsächlich entsprechen?

Wir wollen alle gewinnen, die Qualität und Respekt vor dem Produkt zu schätzen wissen und bereit sind, dafür einen adäquaten Preis zu zahlen.

 

Inwieweit räumen Sie dem Gast ein,  (s)ein Menü zusammenstellen?

Wir haben eine relativ kleine Karte, aus der man ganz nach Gusto kombinieren kann.

 

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisen?

Die Saison bestimmt weitgehend die Karte. Eingesetzt werden nur erstklassige Produkte. Da bleibt der Preis erst einmal außen vor. Dass der trotzdem eine kalkulatorische Rolle spielt, wissen wir alle.

Wie leben Sie als Küchenchef Ihre kreative Ader als Koch aus? Müssen Sie sich Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auflegen?

Ich denke, das ist bereits mit meinen vorherigen Antworten geklärt.

 

Wie verbinden Sie in Ihren Gerichten und Menüs regionale und internationale geschmacklich-kombinatorische Akzente?

Wir praktizieren, das habe ich auch bereits angesprochen, eine ausgesprochene Crossover-Küche. Wir probieren und kombinieren, was passt. Natürlich immer mit einem hohen qualitativen Anspruch.

 

Wie wichtig ist Ihnen der gestalterische Aspekt Ihrer Gerichte? Wie weit würden Sie Ihre artifizielle Ader ausreizen, wann beginnt für Sie der Kitsch im Anrichten?

Ich knüpfe an andere Antworten an: Geschmack kommt vor Gestaltung. Und letztere darf nicht zur Beliebigkeit werden. Ich bin diesbezüglich eher für eine lockere Handschrift auf dem Teller, die ich für mich in Anspruch nehme.

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Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

(lacht): Schämen Sie sich, eine solche Frage zu stellen. Natürlich sind wir frei von allem. Wer das anders macht, hat seinen Beruf falsch gelernt und falsch verstanden. Man kann aber durchaus darüber nachdenken, vorgekochte Produkte/Bestandteile an sogenannte Manufakturköche abzugeben und damit eigene Ressourcen zu „schonen“.

 

Woher beziehen Sie Ihre Produkte? Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Diese Zusammenarbeit liegt mir am Herzen, ist aber leider nicht durchgängig umsetzbar. Aber beispielsweise mit den Fischern der Region praktiziere ich das schon ganz erfolgreich, weil sie auch beste Qualität liefern.

 

Definieren Sie sich im Detail auch über den Begriff Gourmet-Küche? Was gehört aus Ihrer Sicht dazu?

Nein, davon bin ich weit weg und möchte ich auch nicht hin. Auf Gourmet-Level kochen kann ich natürlich. Aber dieser plakative Anspruch schreckt auch Gäste ab und schränkt ein. Bei uns soll es locker und leicht zugehen, was keinen Abstrich am Geschmack beinhaltet.

Gibt es für Sie einen Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmet-Küche?

(lacht wieder): Das hätte ich jetzt auch gefragt. Klar gibt es den. Man muss abwägen, was machbar und sinnvoll ist.

 

Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Ist ein Stern dafür das Muss?

Nein. Kochen (können) hängt nicht von Sternen ab.

 

Ist ein Stern ein Ziel Ihres kulinarischen Wirkens?

Das schließen meine anderen Antworten schon aus. Wir haben ein Niveau, das wir halten und weiterentwickeln möchten. Nicht mehr, nicht weniger.

 

Wie viel Entertainer muss ein Koch heutzutage sein? Wie viel kochender Entertainer sind Sie selbst?

Dank unserer offenen Küche können die Leute uns beim Kochen zuschauen. Da bedarf es nicht viel weiteren Entertainments. Aber ich gehe natürlich auch an den Tisch, rede mit den Gästen und beantworte Fragen.

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Nachgefragt: Was halten Sie von der aktuellen Flut von Kochsendungen aller Couleur?

Ich schaue mir keine an, weil ich mir das nicht antun möchte. Solche Sendungen tragen aus meiner Sicht auch Schuld an unserem Nachwuchs-Problem.

 

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Stefan Frank und Danny Zornow – die LEBEN kochen.

 

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Ganz ehrlich, ich bin glücklich, so, wie es ist… Das war/ist mein Traum.

 

Wie muss ein Restaurant aussehen, was muss es Ihnen bieten, um sich als Gast wohlzufühlen?

Es muss Feeling haben. Der erste Eindruck zählt. Beschreiben kann man das eigentlich nicht.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Ich genieße Freizeit einfach und nutze die Freiräume, die entstehen, wenn man „das Geschäft“ außen vor lässt.


Abschließend: Was könnte Ihr kulinarisches Lebensmotto sein?

Ich setze auf das unkomplizierte, reduzierte, fein abgeschmeckte kulinarische Erlebnis, das Erinnerungen weckt, bewahrt und Freude am Essen bereitet...

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