Im Interview: Matthias Behl – ein Mann, der einfach natürlich und mit Anspruch kocht

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Matthias Behl

Jahrgang 1990, ledig, 1 Kind.

Er hat im Kongresszentrum Dresden Patissier gelernt und ist Küchenchef im Restaurant Vincenz Richter in Meißen.

Was ist für Sie kulinarischer Genuss im Allgemeinen und im Besonderen?

Das ist dann der Fall, wenn vom Ambiente über den Service und das Essen alles stimmt und man merkt, dass der Koch für seine Produkte lebt.

Wie beschreiben Sie Ihre kulinarische "Philosophie"?

Ich stehe für feine, filigrane Küche mit Geschmack.

Beschreiben Sie Ihr kulinarisches Angebot in einem Satz?

Wir bieten klassische Küche mit regionalen Akzenten ebenso wie Feinschmeckerküche mit gehobenem kulinarischen Anspruch.

Worauf legen Sie in dieser Kombination besonderen Wert?

Priorität haben Frische und Qualität der Produkte, die wir kreativ verarbeiten.

Wenn Sie regional kochen, was kommt dann bei Ihnen auf den Tisch?

Die Palette reich von Fisch über frisches Gemüse und Käse bis hin zu Wild aus heimischen Wäldern. Wobei ich die Region nicht zu stark einengen und diese auf ganz Sachsen beziehen möchte.


Setzen Sie im Detail auch internationale kulinarische Akzente?

Nein, wir wollen in dieser Hinsicht nicht experimentieren, sondern setzen ganz auf die regionale Karte und klassische deutsche Küche.

Was zeichnet Ihre Küche zu vergleichbaren Angeboten im kulinarisch Umfeld aus? Worin wollen Sie sich bewusst unterscheiden?

Ich meine, man muss den eigenen kulinarischen Charakter bewahren. Wir tischen durchaus auch ausgefallene Dinge wie Kartoffelsoufflé oder das bekannte Meißner Menü auf, das höchsten Feinschmeckeransprüchen gerecht wird.

Inwieweit räumen Sie dem Gast ein,  (s)ein Menü zusammenstellen?

Natürlich kann sich der Gast wahlweise auch ein eigenes Menü zusammenstellen. Dabei sind wir aber immer bemüht, zu beraten, was letztlich ein geschmacklich optimales Zusammenspiel ergibt.

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisen zu Anlässen aller Art?

Ohne Abstriche hat die Saison Vorrang. Natürlich muss sich das Angebot auch rechnen und für den Gast bezahlbar bleiben.

Wie leben Sie als Küchenchef Ihre kreative Ader als Koch aus? Legen Sie sich Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auf?

Ich habe da einigermaßen meinen gestalterischen Freiraum und probiere immer wieder etwas Neues aus. Man kann auch mit einfachen Zutaten ein ansprechendes geschmackliches Erlebnis zaubern. Aber besondere Gerichte müssen sich auch im Preis niederschlagen.

Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Die Natürlichkeit der Produkte, Aromen und Kräuter sind der beste Verstärker. Da gehe ich keine Kompromisse ein. Und Convenience ist ein Fragen der Definition. Klassische Fertig- und Tiefkühlprodukte verwenden wir nicht.

Woher beziehen Sie Ihre Produkte? Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Das ist wichtiger Bestandteil unserer Küchenphilosophie. Die Produkte müssen frisch sein und möglichst aus dem unmittelbaren Umfeld kommen. Das ist nicht durchgängig zu realisieren, aber es gibt ja den gut sortierten Großhandel mit exzellenten Produkten.

Wo liegt für Sie der goldene Mittelweg zwischen bodenständig-gehobener  und Gourmetküche?

Ich halte es damit, einfach und raffiniert zugleich zu kochen. Gourmetküche mit übertrieben artifizieller Note ist nicht mein Ding. Man muss schon erkennen, was aufgetischt wird.

Hinterfragt: Ist Gourmetküche für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau?

Es hat schon ein wenig mit Kunst zu tun. Aber der Aufwand ist oft sehr hoch und in Restaurants wie dem unseren nicht zu rechtfertigen.

Stichwort Michelin & Co: Ist ein Stern für Sie ein Ziel?

Der Chef hätte schon gern einen. Aber wir bleiben im anspruchsvollen Feinschmecker-Bereich. Zumal auch das Halten eines Stern ein nicht zu unterschätzender Kraftakt ist. Man muss mit seinen Möglichkeiten leben und realistisch bleiben.

Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Ist ein Stern dafür das Muss?

Natürlich ist der Stern kein Muss für einen Spitzenkoch. Wichtig ist, dass man für den Beruf und das Produkt lebt und seine Kreativität und sein Handwerk immer wieder unter Beweis stellt.

Wie sehen Sie die Situation hinsichtlich des Nachwuchs im Koch-Metier? Wo liegen hier aus Ihrer Sicht die Reserven und Notwendigkeiten?

Die Branche hat Nachwuchssorgen, die mit den Arbeitszeiten und der hohen Belastung zu tun haben. Für den Kochberuf muss man geboren und auch bereit sein, gewisse Entbehrungen auf sich zu nehmen.

Wie viel Entertainer muss ein Koch heutzutage sein?

Ich brauche kein Entertainment, spreche aber schon mit den Gästen und befrage sie nach ihrer Meinung.

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Nachgefragt: Was halten Sie von der aktuellen Flut von Kochsendungen aller Couleur? Auf welche Art davon kann die Welt verzichten?

Das ist viel zu viel Show und hat fast alles nichts mit der Realität zu tun. Die Leute denken dann, das ist ein einfacher Job mit hohem Spaßfaktor und meinen, sie sind nach drei Kochsendungen schon ein Profi.

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Steffen Henssler gefällt mir, weil er aus meiner Sicht sehr authentisch kocht.

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Ich würde schon gern eine eigene Kochschule betreiben und mich noch intensiver mit dem Thema gesunde Ernährung beschäftigen.

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Man muss sich schon beim Betreten des Restaurants wohlfühlen. Der erste Eindruck ist also entscheidend. Service und Küche müssen sich optimal ergänzen und so ein Wohlfühlerlebnis schaffen.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

In meiner Freizeit beschäftige ich mich gern im Haus, aber auch mit Angeln und Fußball. Und natürlich schaue ich auch über den kulinarischen Tellerrand und lerne von anderen Küchen, in dem ich gute Dinge für meine Küche übernehme und weiterentwickle.

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