Im Interview: Peter Franke – ein Spreewald-Original aus Thüringen

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Peter Franke

Am 1. August 1954 im thüringischen Weida geboren, verheiratet, 2 Kinder.

Er hat den Koch-Beruf in Bad Lausick im Hotel "Grauer Wolf" gelernt und ist dann bis 1979 an die Trasse in der früheren Sowjetunion gegangen. Danach hat er sein Abitur gemacht und an der Handelshochschule Leipzig studiert, bevor er Assistent des Direktors im Hotel "Astoria" in Leipzig wurde. Mit 29 Jahren wurde er stellvertretender Generaldirektor der Vereinigung der Interhotels in der DDR. Diese Tätigkeit hat er bis 1990 ausgeübt und arbeitete danach bis 1994 als Geschäftsführer bei den Interhotels. Später übertrug man ihm die Aufgabe des Geschäftsführers bei der Bundesgartenschau 1995 in Cottbus. Dort lernte er seine heutige Frau kennen, durch die es ihn 1998 in den Spreewald zog. Franke ist inzwischen kulinarischer Botschafter des Spreewald, hält Kochwerkstätten und Kochkurse. Seit einigen Jahren betreibt er außerdem die Kräutermanufaktur in Burg im Spreewald, eine Leidenschaft, die er von seiner Mutter geerbt hat. Im Hotel "Zum Stern" in Werben leitet er mehr administrativ die Küche, ist ber immer mit dabei, wenn große Veranstaltungen anstehen.

Was ist für Sie  Genuss im Allgemeinen und kulinarischer Genuss im Besonderen?

Im Allgemeinen ist für mich Genuss, wenn ich Muße zur Entspannung habe. Kulinarischer Genuss sind für mich Suppen, die den Charakter einer Region widerspiegeln. Und gutes Brot und Butter. Eine Tomatenbemme lasse ich nie links liegen.

Wie würden Sie Ihre kulinarische "Philosophie" beschreiben?

Ganz kurz: das Einfache ist das Geniale.

Anders gefragt: Was ist Ihr Anspruch beim Kochen hinsichtlich Zutaten, Verarbeitung und Präsentation?

Regionalität ist für mich keine Modeerscheinung, sondern Anspruch. Ich schaue ab er auch über den eigenen Tellerrand, ohne meine eigene Handschrift aufzugeben. Die Saison spielt natürlich eine große Rolle. Die Produkte müssen so natürlich wie möglich verarbeitet werden und man muss sie auf dem Teller auch weiderfinden.

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihrer Restaurants in einem Satz?

Wir setzen die kulinarischen Traditionen des Spreewalds auf anspruchsvollem um, ohne dabei in künstlerisches Kochen zu verfallen. Natürlichkeit und Ehrlichkeit ist das Credo für unsere Küche.

Wie setzen Sie regionale Brandenburger Küche auf anspruchsvollem Niveau um?

Ganz einfach: Indem ich die Veredelung der Produkte mit einem qualitätsmäßig hohen Anspruch verbinde. Das alles, ich wiederhole mich, aber so einfach und so authentisch wie möglich. Das gilt für Essen und Trinken gleichermaßen.

Bieten Sie eher traditionell-klassische Küche, oder wagen Sie sich auch an Interpretationen der regionalen Küche mit neuen geschmacklichen Nuancen heran? Wenn ja, gibt's ein Beispiel dafür?

Glauben Sie mir, kochtechnisch bin ich stockkonservativ. Ich koche ehrlich und ohne Fisematenten. Bei uns bleibt alles erdig und damit bodenständig. Da muss man das kulinarische Rad nicht neu erfinden.


Stellen Sie sich im Detail auch dem Anspruch an Gourmetküche?

Im Allgemeinen nicht. Es kommt aber auf den Anlass an. Bei Tafeln wie zur Fürst Pücklers Zeit aber lebe ich schon meine kulinarische Fantasie aus, bleibe aber immer authentisch.

Sie bieten keine Menüs an. Kann ein Gast sich trotzdem eine Art Überraschungsmenü mit regionalen Akzenten wünschen. Was würde Ihnen da spontan einfallen?

Wir bieten schon thematische Menüs an, die aber den einfachen kulinarischen Charakter der Region widerspiegeln. Ansonsten kann der Gast sich sein Menü aus der Karte auch selbst zusammenstellen. Sollte es natürlich besondere Wünsche geben, lassen wir uns schon was einfallen.

Lassen Sie auch internationale Einflüsse in Ihre Küche einfließen?

Sagen wir es mal so, ich deutsche solche Einflüsse mehr oder weniger ein. Dazu gehören auch Elemente der asiatischen Küche und gewisse Trends in der Branche. Da arbeite ich unter anderem auch mit Stickstoff, und natürlich mit meinen geliebten Kräutern, die sich trefflich für mediterrane Gerichte eignen. Die Hauptsache bleibt aber immer die exzellente Verarbeitung der Produkte.

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisekarte?

Ganz eindeutig: Der Regionalität und der Saison ist alles untergeordnet. Der Preis ist natürlich auch wichtig, entspricht aber der Qualität der Gerichte. Es muss ein Geben und Nehmen sein und das Geld in der Region bleiben.

Wie können Sie Ihre kreative kulinarische Ader als Koch auszuleben? Gibt es diesbezüglich Beschränkungen beispielsweise monetärer Art?

Der Gast bekommt das auf den Teller, was gut ist und mir selbst auch schmeckt. Da gibt es keine großen Experimente. Ich lebe aber diese Ader, wie Sie es nennen, schon aus.

Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Ganz ohne Convenience im Detail geht es nicht wirklich. Das heißt aber nicht, dass die Produkte weniger wert sind. Und Geschmacksverstärker: Nein. Das Produkt ist Geschmack genug.

Woher beziehen Sie Produkte wie Gemüse und Fleisch?

Wir beziehen alles aus der Region. Das ist und bleibt eherner Anspruch.

Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Wenn ich die Erzeuger nicht kennen würde, fehlt mir ein sehr wichtiger Bezug für meine Küche. Erst die persönliche Bekanntschaft und das Wissen, wie erzeugt und produziert wird, schafft Vertrauen.

Sie gelten als ausgewiesener Kräuterexperte. Wie kommt man auf die, scherzhaft  gemeint, Schnapsidee, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Meine Mutter hat mich in meiner Kindheit gefragt, was ich im Haushalt helfen möchte. Meine Antwort war klar: Garten und Küche. Da habe ich Beeren, Kräuter und Pilze gesammelt und gelernt, diese haltbar zu machen und Vorräte anzulegen.

Was muss man können, um sich mit Kräutern auszukennen?

Man muss Kräuter anwenden. Durch die Praxis wächst das Verständnis und das Wissen. Die Theorie ist zweitrangig, obwohl man diesbezüglich natürlich Basiswissen haben muss.

Was empfehlen Sie den Leuten, wie man sich an das Kräuter-Metier heranwagen sollte?

Wie sagt man neudeutsch so unschön: Step by Step. Soll wohl heißen: Schritt für Schritt. Man muss sich die Materie langsam und ohne innere Eile erschließen.

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Nicht ganz ernst gemeinte Frage: Darf man sich als Spreewaldkoch bezeichnen, wenn man aus Thüringen stammt?

Eigentlich nein. Es gibt diesbezüglich auch Neider und Kritiker. Ich nehme mir das aber aus der Tradition der Küche einfach heraus. Wer seine Seele in den Spreewälder Kochtopf schmeißt, darf sich auch so bezeichnen.

Nachgefragt: Wie haben Sie sich in die typische Spreewaldküche eingearbeitet? Hatten Sie dafür gute Mentoren und Ratgeber?

Meine Schwiegermutter hat mir viel beigebracht. Und ich habe mich auch mit der Geschichte dieser Küche beschäftigt und mir Rat von Hausfrauen Ü80 geholt. Das ist ein unersetzlicher Fundus an Wissen für diese einfache, bodenständige Küche.

Wo liegt für Sie der sogenannte goldene Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmetküche?

Nochmal: ich bin für einfache, bodenständige und regionale Küche.  Der Teller selbst macht für mich die kulinarische Musik nicht aus. Gourmet ist auch ein gut zubereiteter Sauerbraten.

Zusatz: Was ist für Sie Gourmetküche überhaupt? Was halten Sie davon allgemein?

Das ist nicht "meine" Küche und wird sie auch nie werden. Ich bin diesbezüglich zu einfach gestrickt. Aber hohes Kochhandwerk ist das schon. Respekt.

Hinterfragt: Ist Gourmetküche für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau?

Den Preis vernachlässige ich mal. Aber ich ziehe den Hut vor denen, die so etwas machen und bewundere sie auch. Die größere Kunst ist aber mich, kulinarisch einfach zu ticken.

Was halten Sie von kulinarischen Auszeichnungen allgemein (Michelin, Gault Millau usw.)?

Für die Entwicklung der Kochkultur ist es schon gut. Man kann vergleichen und sich dementsprechend kulinarisch orientieren.

Stichwort Michelin & Co: War ein Stern für Sie jemals ein Ziel?

(lacht) Ja, natürlich: Denn unser Hotel heißt ja "Zum Stern". Aber ein Michelin-Stern wird nie mein Ziel sein. Das müssten meine Antworten schon deutlich gemacht haben.

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Ohne große Begründung: Bocuse und Witzigmann.

Was halten Sie von Kochsendungen aller Couleur? Gibt's da auch Dinge, die die Welt nicht braucht?

Wenn sie das reale Leben in der Küche widerspiegeln, ist es gut. Denn damit wird auch der Berufsstand aufgewertet. Aber meist wird in solchen Sendungen die Arbeit hinter den Kulissen nicht genügend beachtet. Das verzerrt dan das Bild schon erheblich. Es geht zu sehr um Quoten.

Aber: Sie sind ein sehr bodenständiger kulinarischer Entertainer. Wie viel davon muss heute in einem Koch stecken, ohne in Klamauk zu verfallen?

Man muss den Gästen schon Zeit schenken und mit ihnen kommunizieren und sich gegenseitig austauschen. Davon profitiert man im besten Falle auch als Koch. Ich sage es mal scherzhaft: Man muss damit den Gast hungrig und durstig machen. Ohne Klamauk, versteht sich.

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Wenn es meine Zeit zuließe, würde ich gern mehr mit älteren Frauen kochen, um aus deren Erfahrung zu schöpfen und so meinen kulinarischen Horizont zu erweitern. Auch andere Regionen reizen mich sehr. Aber der Tag hat nun mal nur 24 Stunden.


Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Ich bin ein Gegner von Speiskarten, weiß aber, dass sie sozusagen tradiert dazu gehören. Man kann dem Gast aber durch einen guten Service auch Empfehlungen geben. Ich setze da ganz auf Individualität und eine lockere Atmosphäre. Vieles in der Branche ist zu konfektioniert.

Was essen Sie selbst am liebsten, und was kochen Sie am liebsten?

Bemmen in allen denkbaren Varianten und Suppen, Eintöpfe, Eintöpfe, Eintöpfe...

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Mein Beruf ist mein Hobby und er bestimmt weitestgehend  mein Leben. Mich interessieren aber in meiner Freizeit auch die Geschichte des Essens und der Lebensmittel. Wer das nicht kann und darüber Bescheid weiß, kann auch nicht kochen.

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