Im Interview: Walter Beckmann – ein Gastgeber und Koch mit Hang zur Natur

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Walter Beckmann

Jahrgang 1954, verheiratet, 2 Kinder.

Er hat im Sauerländer Berghotel "Hoher Knochen" gelernt, später in verschiedenen Hotels in Nordrhein-Westfalen sowie in der "Ente" von Hans-Peter Wodarz gearbeitet. Nach dem Abschluss als Küchenmeister und Betriebswirt leitet er das Landhotel Sauerländer Hof, in dem er auch als Küchenchef das Zepter schwingt.

Was ist für Sie Genuss im Allgemeinen und in kulinarischer Hinsicht?

Man muss in jeder Beziehung Freude am Erleben haben. Kulinarisch gesehen heißt das für mich, Essen als Kulturgut zu begreifen. Was kann in diesem Zusammenhang schöner sein als Freude an einfachem, aber guten Essen zu haben? Ich achte dabei immer darauf, wie der Gast isst, denn so ist er auch als Mensch.

Wie beschreiben Sie Ihre kulinarische "Philosophie"?

Ganz einfach: Ich möchte mit ehrlicher Küche die Gäste verwöhnen und ihnen so Freude schenken. Ich weiß, der Begriff "ehrlich" ist dehnbar und strapaziert. Ich meine es aber ehrlich, vor allem im Sinne von authentisch.

Beschreiben Sie Ihr kulinarisches Angebot in einem Satz?

Bei mir kommt regional-typische Küche auf den Tisch, die stets mit einem gewissen Hang zu und nach etwas Neuem geprägt ist. Soll auch heißen, ich entwickle traditionelle Gerichte kreativ weiter, ohne deren Charakter zu verfälschen.

Welche Vorteile hat es für Sie, wenn der Patron eines Hauses gleichzeitig auch Küchenmeister ist?

Ein Haus aus der Küche heraus zu leiten, ist immer auch eine Gratwanderung. Das bedarf des optimalen Zusammenspiels mit dem Service. Und man muss seine Präsenz auch in Küche und Restaurant teilen. Denn die besten Erfolge stellen sich über den Kontakt mit dem Gast ein.

Wie setzen Sie im Detail regionale kulinarische Akzente in Ihrer Küche um?

Vor allem die treuen Stammgäste wissen inzwischen, dass der Beckmann vor allem saisonal kocht. Da geht kein Weg dran vorbei und ich bastle immer an neuen Kreationen, die Überraschungen auf den Gaumen und Freude ins Gesicht zaubern. Dabei muss man das kulinarische Rad nicht ständig neu erfinden. Es kommt auf die raffinierten Nuancen an.

Was zeichnet Ihre Küche zu vergleichbaren Angeboten im kulinarisch Umfeld aus? Worin wollen Sie sich bewusst unterscheiden?

Um das zu beantworten, müsste ich viel mehr zu den sogenannten Mitbewerbern gehen. Ich bleibe als Koch so, wie ich bin, und wie es meinem gastgeberischen Gusto entspricht. Letztlich muss immer ein gutes und bezahlbares Produkt auf den Teller kommen. Das wird der Gast schätzen und diese Angebote annehmen.

Ergänzend gefragt: Sie strahlen auf Ihrer Website kulinarische Umtriebigkeit aus (Stichworte: Events, Weinabende usw.). Wie geht dieses Konzept auf?

Das gehört aus meiner Sicht zur unverzichtbaren Marketing-Strategie und hat wohl auch etwas mit dem zu tun, was man Zeitgeist nennt. Stets an alten Zöpfen festzuhalten, funktioniert nicht. Man muss kreativ abwägen und immer wieder Neues anbieten.

Wenn ein Gast auf die Idee kommt, sich von Ihnen eine Art regionales Überraschungsmenü in 4 Gängen zu bestellen, was fällt Ihnen dazu spontan ein?

Das kommt immer auf die Jahreszeit an. Aber spontan würden mir da die Himalajasalz-Platte, eine würzige Fischsuppe, Lamm mit Garnelen und ein Wildkräutersalat einfallen.

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisen zu Anlässen aller Art?

Ich sagte es bereits: Bei mir wird vor allem saisonal gekocht. In der Gesamtheit ist aber alles eine Kombination aus Inspiration und Rechenaufgabe. Denn den wirtschaftlichen Aspekt darf man schon nicht untergehen lassen.

Ihre Gerichte sind vergleichbar preisgünstig. Ist das der Region oder mehr der Kalkulation geschuldet? Soll auch heißen, welche Klientel wollen Sie damit erreichen?

Dieser Aspekt ist bereits in der vorherigen Antwort enthalten. Man muss immer wirtschaftlich abwägen. Aber radikal ändern, das geht gar nicht. Jedenfalls nicht in einer Region wie der unseren. Das gibt die Klientel nicht her.

Wie leben Sie als Küchenchef Ihre kreative Ader als Koch aus? Legen Sie sich Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auf?

Kreativität geht im Alltag leider manchmal ein wenig unter. Man muss oft improvisieren und der Spagat zum Preis muss einfach stimmen. Aber keine Bange, ich bin ständig auf der Suche nach neuen kulinarischen Ideen, krame in meinem Erfahrungsschatz und überlege, was neu interpretieren kann.

Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Als sogenannte Verstärker verwende ich höchstens spezielle Gewürzmischungen. Soßen ziehe ich selbstverständlich selbst. Und je nach Erfordernis verwende ich auch Halbfertigprodukte, die an der Qualität nichts mangeln lassen.

Woher beziehen Sie Ihre Produkte? Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Entscheidend ist für mich die Qualität der Produkte. Gemüse beispielsweise kommt weitgehend aus der Region. Fleisch und andere Produkten aus dem Großhandel, mit dem ich schon lange Zeit zusammenarbeite und weiß, dass beste Qualität geboten wird.

Können Sie sich einen Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmet-Küche vorstellen?

Den Mittelweg muss man gerade in unserem gastronomischen Segment gehen, und ich beschreite ihn schon immer. Eine getrennte Speisekarte für bodenständig und gehoben geht nicht. Das nimmt in einem Haus wie dem unseren der Gast auch nicht an.

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Definieren Sie Ihre Küche im Detail auch über den Begriff Gourmet?

Sauerländer regionale Küche schließt den Gourmet-Aspekt nicht aus. Es kommt immer auf die Machart und die Verarbeitung der Gerichte. Sagen wir es mal so, Gourmet ist, was gut zubereitet ist und gut schmeckt. Und warum soll ein hervorragend zubereitetes Sauerländer Weiderind a lá Tafelspitz einem Gourmet keine Gaumenfreuden bereiten?

Ist für Sie ein Michelin-Stern ein Thema?  Ob ja oder nein: warum?

Das ist kein Thema für mich und wird es auch nie werden. Dazu fehlen das Personal und die notwendigen Kapazitäten. Und die Region gibt aus meiner Sicht auch nicht das dafür notwendige Klientel her.

Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Ist ein Stern dafür das Muss?

Ein Koch, der diesen Anspruch erfüllt, muss jedes Produkt so behandeln, als sei es sein Augenstern. Man muss aus einfachen Produkten und Zutaten und mit handwerklichem Können beste Qualität zaubern. Dafür ist der Stern kein Alleinstellungsmerkmal.

Wie sehen Sie die Situation hinsichtlich des Nachwuchs im Koch-Metier? Wo liegen hier aus Ihrer Sicht die Reserven und Notwendigkeiten?

Die Situation ist sehr kritisch. es ist sehr schwer, gutes Personal zu bekommen, dass den Beruf liebt und lebt. Vor allem mangelt es meist an den handwerklichen Fähigkeiten Aus meiner Sicht muss gesamtgesellschaftlich gesehen eine neue Strategie für die Branche her.


Wie viel Entertainer muss ein Koch heutzutage sein? Wie viel kochender Entertainer sind Sie selbst?

Ein wenig muss man das schon sein und auf den Gast zugehen, der gleichermaßen Gastgeber und Koch sehen, mit ihm reden möchte. Das umzusetzen erfordert Fingerspitzengefühl und ein gutes Maß an Unaufdringlichkeit. Aber der Gast schätzt es, wenn man kulinarisch zelebrieren kann.

Nachgefragt: Was halten Sie von der aktuellen Flut von Kochsendungen aller Couleur? Auf welche Art davon kann die Welt verzichten?

Es wird produziert, was Quote bringt. Das ist schon der erste Fehler. Und der zweite ist, dass dem Zuschauer suggeriert wird, dass Köche in einer heilen Welt leben und arbeiten. Letztlich muss aber jeder für sich entscheiden, was er sehen möchte. Den Koch aber möchte ich nicht als kulinarischen Clown, sondern authentisch erleben.

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Da gebe es eine Menge von Kollegen. Nennen möchte ich den exzellenten Genusshandwerker Vincent Klink, aber auch Alfons Schuhbeck, der trotz seiner werbenden Umtriebigkeit schon auf besten handwerklichen Grundlagen aufbaut.


Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Lange gesund bleiben. Dann passt alles andere auch.

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Das ist bei mir abhängig von der Stimmungslage und kommt auch auf die Gastgeber an. Mein Wunsch nach Genuss rundum ist dann erfüllt, wenn sich ein Restaurant authentisch präsentiert und gute Erinnerungen erhalten bleiben. Da spielt natürlich das Essen eine herausragende Rolle.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Für mich ist Wandern in unserer herrlichen Natur Entspannung pur. Man muss schließlich auch mal den Kopf frei bekommen und Freiräume zulassen, damit man wieder gute Arbeit leisten kann. Und, klar, man schaut auch über den kulinarischen Tellerrand, um auf neue Ideen für die eigene Küche zu kommen.

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