Im Interview: Cornelia Göpel – eine „Kräuterhexe“ mit dem Hang zum Süßen

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Cornelia Göpel

Jahrgang 1952, verheiratet, 1 Kind.

Sie hat von 1977 bis 1979 im Hotel "Blauer Engel" in Aue Köchin gelernt und arbeitete dann in Berlin-Marzahn. Den Traum als Köchin auf hoher See konnte sie sich nicht erfüllen, man wollte sie nicht. Ab 1983 kochte sie in einem Betriebsferienheim des Werkzeugmaschinenkombinats "Fritz Heckert" Karl-Marx-Stadt und hat 1990 mit ihrem Geschäftspartner Gerolf Seidel das Haus und Grundstück des heutigen Hotels "Forstmeister" gekauft, wo sie als Küchenchefin das Zepter schwingt.

Wie würden Sie Ihre kulinarische "Philosophie" beschreiben? Oder anders gefragt: Was ist Ihr Anspruch beim Kochen hinsichtlich Zutaten, Verarbeitung und Präsentation?

Da kann ich auf ein bekanntes Sprichwort verweisen. Das heißt "Zurück zu den Wurzeln". In der hochtechnologisch ausgerichteten Welt vergisst man nur zu gern das Ursprüngliche. Das aber will ich mit meiner Küche bewahren und kreativ weiterentwickeln. Ganz dem Motto geschuldet, kann der Anspruch also nur lauten, soweit wie möglich regionale Produkte und Zutaten zu verwenden, einfache Aromen einzusetzen und Gerichte ohne Firlefanz, wie man in unserer Gegend sagt, zu präsentieren.

Was ist für Sie kulinarischer Genuss im allgemeinen und im besonderen?

Ich liebe und genieße alle Dinge, die einfach und gut zubereitet sind. Deshalb greife ich auch viel auf die Erfahrungen zurück, die aus früherer Zeit überliefert sind. Und Genuss ist für mich auch ein Stück geschmeckte Regionalität. Immer aber muss für mich Genuss mit Ruhe verbunden sein. In diesem Sinne ist auch Ruhe ein Genuss.

Beschreiben Sie kurz das kulinarische Angebot Ihrer Restaurants?

Wir bieten das an, was man landläufig gutbürgerliche Küche nennt, die stark von regionalen Einflüssen geprägt ist. Damit entsprechen wir auch den Wünschen der meisten Gäste, etwas Ursprüngliches zu bieten. Aber natürlich sind wir auch immer auf der Suche nach einfacher Küche mit Pfiff. Wo gibt's beispielweise sonst Wildschweinschnitzel in Brennnesselsamenkruste...?

Sie bieten u.a. auch internationale Küche. Ist das nicht ein Widerspruch zur Lage des Hauses inmitten des Erzgebirges/Vogtlands? Oder anders gefragt: Wie verbinden Sie internationale mit deutscher und regionaler Küche?

Ganz einfach, man kann sich dem auch und gerade im gastronomischen Bereich dem Trend der Zeit nicht verschließen. Deshalb suche ich immer nach neuen Möglichkeiten der Kombination von Produkten und Zutaten aus regionaler Herkunft mit internationalen Einflüssen. Das muss gar nicht aufwändig sein, denn es muss ein authentisches Endprodukt herauskommen. Das ist mir sehr wichtig-

Wie setzen Sie deutsche und regionale erzgebirgische Küche um - eher traditionell, oder mit neuen geschmacklichen Nuancen?

Ich mag es total klassisch, aber mit modernen Kochideen weiterentwickelt. So habe ich  beispielsweise Rosenbandnudeln kreiert, die ich aus frischen Rosenblüten herstelle. Ganz schmackhaft sind auch ein Carpaccio mit Wildkräuterpesto oder Maishähnchenbrust Supreme.

Was kann der Gast anspruchsvoller Kulinarik in Ihrem Haus erwarten? Bieten Sie Gerichte oder Menüs im gehobenen kulinarischen und damit auch preislichem Segment an?

Grundsätzlich gilt, dass der Gast König ist. Wir bieten vor allem bodenständige Küche an, der aber durchaus nicht an anspruchsvollen geschmacklichen Nuancen mangelt. Aus diesem Grund ist unser Preisgefüge eher moderat. Aber, wie heißt es so treffend: Alles ist möglich. Nach Absprache und für besondere Anlässe zaubern wir auch Gerichte, Menüs und Buffets, die den verwöhntesten Gaumen frohlocken lassen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre a la carte Angebote aus?

Ich glaube, Sie finden heute wenige Köche, die in der Saisonalität keine Prioritäten setzen. Man muss natürlich auch auf den Charakter von Haus und Küche, und damit preisliche Dinge achten. Es muss eben zusammen passen.  Aber, wie vorhin schon gesagt: Wir lassen keine Wünsche offen, wenn das über den Preis zu regeln ist. Was nicht heißt, dass wir Eis aus der Antarktis einfliegen lassen...

Woher beziehen Sie Ihre Produkte/Zutaten, wenn ich davon ausgehe, dass bei Ihnen Covenience Produkte weitgehend nicht zum Einsatz kommen?

Fleisch und Gemüse beziehen wir hauptsächlich von regionalen Erzeugern. Obst und etwas exotischere Dinge müssen wir natürlich vom Großhandel beziehen und auch bei Frischfisch müssen wir darauf zugrückgreifen. Aber unsere Forellen beispielsweise sind sozusagen taufrisch. Sie werden auch unmittelbar vor der der Verarbeitung und Zubereitung erst geschlachtet. Dafür nehmen die Gäste gern auch Wartezeiten bis zu einer halben Stunde in Kauf.

Ihnen wird ein besonderes Faible für Kräuterküche nachgesagt. Woraus resultiert diese Leidenschaft und was muss man sich als Gast darunter vorstellen?

Da profitiere ich von den Erinnerungen aus meiner Kindheit. Wir haben oft Kräuter und Beeren gesucht. es gibt in diesem Zusammenhang im Erzgebirge also mehr als Rouladen und Sauerbraten. Ich habe mir also viel Kräutergewissen angeeignet. Inspiriert dazu hat mich auch der Kräuterkoch-Papst Jean-Marie Dumaine. Man kann mit diesen würzigen Zutaten so viel Geschmack zaubern, dass ich immer wieder davon fasziniert bin.

Man sagt gelegentlich, Sie seien eine Kräuterhexe...?

(lacht herzlich) Wenn Sie damit meinen, dass ich mehrere Kräuterlehrgänge und 2006 eine Ausbildung zum Kräuterpädagogen absolviert habe, dann stimmt das sinngemäß. Und genau genommen ist mir diese kesse, humorige Bezeichnung auch sympathischer als der abgehobene Fachbegriff.

Wie kann man als Küchenchefin in einem Haus wie dem Ihren seine kreative Ader als Koch ausleben? Gibt es dabei Beschränkungen?

Mein Geschäftspartner Gerolf Seidel, mit dem ich seit Jahrzehnten zusammenarbeite, und ich sind sich einig darin, dass es Probieren über Studieren geht. In diesem Sinne unterliege ich auch keinen Beschränkungen, wenn ich mit meiner Mannschaft neue kulinarische Ideen aushecke. Erst recht nicht, wenn dann das Ergebnis stimmt. In der dauerhaften Umsetzung von Ideen muss sich natürlich alles rechnen.

Wo liegt für Sie der sogenannte goldene Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmetküche?

Gourmetküche muss nicht abgehoben sein. Das muss ich auch nicht haben. Ich hole mir aber gern Inspirationen aus dieser Küche und versuche, manches für meine Küche zu modifizieren. Das ist eben mein Mittelweg. Überkandideltes wird nie mein Ding sein.

Was halten Sie von Sterneküche allgemein? Ist das für Sie mehr als "künstlerisches Kochen" auf hohem Preisniveau? Wäre das für Sie einmal eine neue Herausforderung?

Ja, es ist eine Art künstlerisches Kochen, vom Preis mal ganz abgesehen. Ich würde in solchen Küchen gern gucken und lernen. Das war's aber auch dann schon. Bei allem Respekt für die prominenten Kollegen: Ster-nestress würde ich mir nicht antun wollen, das passt auch nicht zu mir.

Welche der bekannten Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens? Mit wem würden Sie gern einmal gemeinsam in der Küche stehen?

Vincent Klink aus Stuttgart und Harald Wohlfahrt aus der Traube in Tonach sind für mich unheimlich tolle Typen im besten Sinne des Wortes. Sie strahlen Sympathie aus und kochen bodenständig und auf sehr hohem Niveau. Auch Christian Rach ist, soweit ich das beurteilen kann, ein sehr offener Mann, der nie abgehoben ist. Mit denen mal zu Kochen, das wäre wie Ostern und Weihnachten zusammen: Eben ein Fest.

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...und gibt's auch welche, denen Sie nicht so zugetan sind?

Wissen Sie, das ist sehr subjektiv und meist nur dem äußeren Bild geschuldet. Aber manche Kollegen, zwar alles hervorragend Köche, sind mir zu vordergründig eloquent. Schauspielerei hat in unserem Beruf nichts zu suchen, meine ich. Das Ergebnis am Herd zählt.

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Ich würde gern mal intensiv in die klassische Patisserie gehen und dort noch mehr lernen und experimentieren. Mit einem bekannten Patissier zu arbeiten, das ist schon sowas wie ein Traum von mir.

Was essen Sie selbst am liebsten und welche Gerichte bereiten Ihnen als Koch die meiste Freude?

Aber nicht lachen: Am liebsten esse ich Schnapper (Kartoffeln) mit Ei. So, wie es Mutter gekocht hat. Und Spaß macht mir besonders, wie könnte es anders sein, mit Kräutern zu arbeiten. Ich mag auch Süßes sehr.

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Das kann ich kurz fassen: Es darf, auch im Service, nicht steif sein. Wir Erzgebirger sind schließlich gemütliche Leute. Es darf vom Ambiente her nicht erdrückend sein. Schlichte Eleganz ist mein Ding. Kein Schnickschnack auf den Tischen, das ist Wohlfühlen für mich.

Wie viel bedeutet Ihnen eine funktionierende Küchen-Crew?

Das ist das Wichtigste gerade in unserem Beruf. Ohne eine gute Mannschaft geht gar nichts. Jeder muss wissen, wenn es ernst wird. Dann fallen die ruhigeren Stunden umso harmonischer aus. Und vor allem, jeder kann und soll sich einbringen. Dazu gehört auch Kritik.

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Meine Freizeit ist ja einigermaßen bemessen. Deshalb such ich dann die Ruhe, die so den besten Genuss ermöglicht. Zu Hause bin ich auch gern bei der Mutter, die für mich immer noch am besten kocht. Aber im Urlaub gönnen wir uns schon auch einmal außergewöhnlichen kulinarischen Genuss. Das regt die Fantasie an. Und ich lese auch Kochliteratur und suche viel Entspannung in der Natur. Immer mit dem Blick auf Kräuter, versteht sich...

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